Neues in der Kategorie Achduschreck

Gestatten, Alvo!

Eigentlich keine neue Erkenntnis, aber man kann es nicht oft genug wiederholen: Ebenso wie Artikel in der Wikipedia muss man journalistische Recherchewerke immer hinterfragen. Aktuelles Beispiel: die taz hat mich mal eben in „Alvo Freude“ umbenannt und zum Sprecher von netzpolitik.org gemacht. Ups!

[Update 8. November: In der Zwischenzeit ist das in der taz korrigiert.]

Gestern rief mich ein taz-Journalist an und fragte, ob ich ihm jemanden nennen könnte, der ihm ein paar Fragen zur Wikipedia beantworten könne. Natürlich fallen mir da Leute ein, aber da ich gerade in einer Besprechung war, schlug ich vor, ihn später zurückzurufen. Wir einigten uns, dass er mir die Sache nochmals per Mail schickt und wir dann weiterschauen.

Aus seiner Mail an presse_(ät)_ak-zensur.de hörte ich dann heraus, dass es vermutlich um das gerne geschriebene „die Wikipedia ist unzuverlässig und man kann ihr nicht glauben“ gehen sollte, und nannte ihm Tim Bartel und Torsten Kleinz als Wikipedia-Experten und antwortete dann auch noch schnell auf seine Fragen (drei Tippfehler hier korrigiert):

… noch ein paar kleine Anmerkungen aus meinem Blickwinkel:

Vor dem Hintergrund, dass es wissenschaftlich umstritten ist, welchen Einfluss der Klimawandel tatsächlich hat, habe ich nun folgende Fragen:

 *- Ist Kennvido nur ein neurotischer Dogmatiker oder ist sein Ansatz gerechtfertigt?

Da sich die Wikipedia um eine neutrale Darstellung bemüht, ist jeglicher Ansatz, alles was dem eigenen Denken widerspricht zu löschen, natürlich nicht gerechtfertigt!

 

- Inwiefern hat hier die Klimalobby oder die „Schwarmintelligenz“ gesiegt?

So wie ich das aus dem Text verstanden habe hat eher ein einzelner
Trottel mit zu viel Zeit einen Etappensieg erzielt.

 

- Inwiefern verdeutlicht dieser Fall Engpässe bei der kollektiven „Wahrheitsfindung“ auf Wikipedia?

Das lässt sich ohne exakte Kenntnis dieses Falles nur schwer sagen, zum Beispiel ist die Frage, welche gesichteten Versionen freigeschaltet waren, für mich noch offen.

Zum anderen kann man durchaus umgekehrt die Frage stellen: zu welchen Ergebnissen kamen denn die US-Journalisten der verschiedenen Medien, die für sich in Anspruch nehmen, als Profis der Wahrheit und nur der Wahrheit verpflichtet zu sein. (Manche Journalisten glauben ja allen ernstes, dass nur ausgebildete Journalisten die Wahrheit berichten und professionell recherchieren können.)

Oder anders gesagt: diese Sache taugt m.E. nicht dazu, die Wikipedia als manipulationsanfälliges Laien-Machwerk darzustellen. Eher taugt dies dazu, weit verbreitete Ansichten in der US-Gesellschaft aufzuzeigen.

Denn ich bin mir sicher -- ohne es überprüft zu haben -- dass auch einige "seriöse" US-Medien einen Zusammenhang mit dem Klimawandel verneinen bzw. nicht darüber berichten.

 

- Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus diesem Fall ziehen?

In der Wikipedia gibt es immer wieder Tendenzen, dass einige sehr aktive Nutzer andere dominieren. Daher sollte die Wikipedia darauf hinarbeiten, dass insbesondere bei kontroversen Themen erfahrene und kompetente Nutzer (oder Administratoren) die Texte verstärkt gegenlesen.

Abgesehen davon: Vor allem Einsteigern fällt es schwer, die seit Jahren dort eingespielten Verfahren zu durchschauen. Die Administratoren der Wikipedia sind es gewohnt, dass viele Selbstdarsteller Artikel über sich, ihre Firma oder vergleichbares schreiben wollen und handhaben dies routiniert. Hin und wieder schaffen sie es daher aber nicht zu erkennen, wenn es sich nicht um vergleichbares handelt, sondern nur ein Anfänger sich etwas ungeschickt anstellt oder sich einige lautstarke und geschickte Leute zusammentun.

 

Grüße

  Alvar Freude, http://alvar.a-blast.org/

 

Das zeigt uns mal wieder: man sollte generell alles hinterfragen. Alles. Schreibweisen von komischen Namen, Funktionen in Organisationen, Texte in der Wikipedia und Zitate in der Presse. Macht allerdings viel Arbeit, und so viel Zeit hat kaum einer. Von daher werden wir uns in Zukunft wohl doch damit behelfen müssen, dass Journalisten und Wikipedia-Autoren möglichst korrekt, neutral, unverfälscht und umfassend schreiben ...

Heute hat das Landgericht Hamburg im Fall GEMA vs. YouTube entschieden.

Nur was?

„Gema triumphiert im Musterprozess“ schreibt N24. „YouTube darf Musiktitel im Netz lassen“ schreibt Spiegel Online.

Update & Auflöung: dpa hat in der ersten Runde die falsche vorbereitete Meldung rausgeschickt – passiert halt … 

 

(Screenshots, die Großansicht ist jeweils verlinkt)

gema-n24.pnggema-spiegel.png

Heute ist ein Entwurf aus dem Bundesministerium des Inneren (BMI) zur Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung geleakt. Und wenn das tatsächlich der echte Entwurf aus dem BMI ist und kein wesentlicher Teil fehlt, haben wir es mit einem tief verfassungsfeindlichen und das Bundesverfassungsgericht dreist ignorierendem Ministerium zu tun – mit Innenminister Hans-Peter Friedrich als oberstem Verfassungsfeind Deutschlands.

Ich habe den Wortlaut des Entwurfes und die alte, vom Bundesverfassungsgericht bekanntermaßen für verfassungswidrig erklärte Regelung verglichen (siehe unten): außer ein paar Verschärfungen(!) und Umformulierungen hat sich nicht viel geändert. Die vom Bundesverfassungsgericht eindeutig und klar geforderten Beschränkungen, die eine entsprechende Regelung mindestens haben müsste, fehlen in dem Leak komplett.

Heute habe ich einen komischen Brief von Polizeiobermeisterin K. (PDF) der Berliner Polizei erhalten.

Darin heißt es:

Anfrage-Polizei-Hr-W-ausschnitt.png

Google hatte vorhin selbst API-Key-Probleme mit der Einbindung von Google-Maps – in Youtube. Folgende Meldung bekam ich zu Gesicht:

Screenshot: API Key fehlt

 

Tja …

In der Zwischenzeit scheint der Key ausgetauscht zu sein. Update: Die Fehlermeldung kommt nur bei HTTPS, da ist wohl was falsch eingebunden.

 

Die Stuttgart-21-Befürworter versuchen es mit Populismus, lehnen sich dabei an Kampagnen von Kommunisten und NPD an bzw. verwenden ähnliche Stilmittel und nehmen es mit dem Urheberrecht nicht so genau.

Die CDU ist ja bekannt dafür, in Sachen Urheberrecht die harte Linie zu fahren. So war in der Internet-Enquête die Marschlinie der Tonangebenden CDU-Abgeordneten, am liebsten nur über eine „bessere Rechtsdurchsetzung“ zu diskutieren.

kamikaze--dietrich-birk.pngDas würde neuerdings CDU-Politiker hart treffen. Nach den Urheberrechtsverletzungen vom Bundestagsabgeordneten Siegfried Kauder ist nun ein Parteifreund aus dem Landtag in Baden-Württemberg dran: vor zwei Tagen postete Dietrich Birk eine Pro-Stuttgart-21-Grafik – ob sie aus seiner Feder oder nur aus seinem Umfeld stammt oder gar eine offizielle S21-Befürworter-Grafik ist, ist bisher nicht klar.

Eindeutig klar ist aber, dass die Grafik gleich eine mehrfache Urheberrechtsverletzung darstellt: Der Stramm stehende Mann erinnert nicht nur an so manche kommunistische Propaganda. Er ist auch kopiert, und zwar ist es eine gespiegelte und leicht angepasste Version von dieser Pose des Phoenix Write aus dem gleichnamigen Spiel von Capcom. Die Verwendung des Motivs stellt also vermutlich eine Urheberrechtsverletzung dar, ich kann mir nicht vorstellen, dass die Rechteinhaber die Genehmigung gegeben haben.

Auch das Hintergrundbild ist nicht selbst erstellt, sondern eine ebenfalls gespiegelte und im Stil angepasste Version dieses Bildes. Da es sich vermutlich um ein Pressebild des S21-Kommunikationsbüros handelt, kann man davon ausgehen, dass die Verwendung für Pro-S21-Werbung geduldet wird.

Zudem vermute ich, dass der ICE neben dem freundlichen, den Arm streckenden Mann, auch nur irgerndwoher kopiert ist, eine Quelle habe ich aber noch nicht gefunden.

 

Natürlich kann man das ganze auch als kreatives Mashup sehen, beim Hintergrundbild würde ich das auch auf jeden Fall annehmen (auch für Gegner). Aber dennoch ist nach geltendem Recht in Deutschland ohne Zustimmung der Rechteinhaber die Verwendung solcher Motive i.d.R. nicht erlaubt. Für Funktionsträger der ein hartes Urheberrecht vertretenden CDU ist es besonders peinlich.

stuttgart-volksabstimmung-S21-npd.jpg
Grafik: Designtagebuch.de

Aber interessant, dass ausgerechnet dies in typisch kommunistischem Stil passiert, mit einem Motiv, das an die Rising Sun Flagge der Japaner erinnert, mit der sie im 2. Weltkrieg auch ihre Kamikaze-Angiffe durchführten.

 

Kamikaze, das scheint der Versuch zu sein …

 

Insgesamt ist interessant, mit welchen Methoden und Motiven die S21-Befürworter auf Stimmenfang gehen: Die Plakate richten sich offensichtlich eher an Menschen mit niedriger Bildung – also solchen, die nicht nachrechnen, nicht merken dass ihnen ein schlechterer Bahnhof als derzeit hingesetzt wird und denen die linken Demonstranten suspekt sind. Taktisch ist das sicherlich nicht dumm. Moralisch halte ich das eher für fragwürdig. Einen guten Vergleich aus gestalterischer Sicht bietet das Designtagebuch – und zeigt dabei auch die Ähnlichkeit zwischen NPD- und Pro-S21-Plakaten.

 

Und dazu passend noch zwei Videos: S21-Befürworter, CDU-Politiker und Pfarrer Johannes Bräuchle will Andersdenkende aus der Stadt vertreiben und die schönsten Slogans der S21-Befürworter!

 

Wie sich die Polizei schweren Land- und Hausfriedensbruch zusammenreimt würde ich ja gerne mal wissen, denn es ist absurd: Obwohl ich zur fraglichen Zeit gar nicht in Stuttgart war, ermittelt Polizei gegen mich wegen „schwerem Landfriedensbruch und schwerem Hausfriedensbruch im Zusammenhang mit der Erstürmung der Baustelle am ehemaligen zentralen Omnibusbahnhof beim S21 Projekt am 20.06.2011“ und hat mich zur „Erkennungsdienstlichen Behandlung“ und zur Vernehmung geladen. 

Hier die Vorladung als PDF, in der bzgl. der Vernehmung einmal vom 30.9. und einmal vom 30.11. die Rede ist und auch andere Ungereimtheiten auftauchen, so wurden in der Dokumentenvorlage wohl nicht alle Felder korrekt ausgefüllt.

 

Die Beschuldigung ist vor allem skurril, weil ich zum Zeitpunkt der Erstürmung wie gesagt definitiv nicht in Stuttgart war.

Vermutlich haben sie die folgenden Videos auf Youtube gefunden, die lange nach der Erstürmung entstanden sind – ob sie gegen die neben mir filmenden Reporter vom ZDF, dpa und dapd auch ermitteln?

http://www.youtube.com/watch?v=hKU6GIAsc-U
http://www.youtube.com/watch?v=H7iub3GbGQs

 

Zur Zeit der Erstürmung war ich allerdings am Frankfurter Flughafen und habe dort gefilmt:

http://www.youtube.com/watch?v=x5wutLLRxdY
http://www.youtube.com/watch?v=6T_3FKkH4t4

 

Mir scheint es hier wie auch bei den Hausdurchsuchungen bei den Cams21-Filmern und auch den Ermittlungen gegen den Filmer der Prügelei mit einem Polizisten (sehr sehenswertes Video!) vor allem um Einschüchterung zu gehen. Vielleicht auch nur um den Griff nach dem letzten Strohhalm und schlampige Arbeit, man muss ja nicht immer das niederträchtigste annehmen.

Ich dokumentiere seit August 2010 verschiedene Demonstrationen von Stuttgart-21-Befürwortern und Gegnern, und werde mich auch nicht von dieser ominösen Aktion einschüchtern lassen.

 

Hat jemand Tipps für einen guten Strafrechtler in Stuttgart? 

 

brief-von-polizei-markiert.pdf

 

[Unten gibt es noch ein Update]

Der Fefe ist ja ein ganz toller Leaker, ähm, Leak-Kommentierer. Er leakt einen Musterantrag zum Thema Vorratsdatenspeicherung, der schon seit mehreren Tagen öffentlich ist. Yeah, große Leistung! Dummerweise zitiert er dann auch noch falsch, und verwechselt das Wort „Rechtsverletzungen“ mit „Straftaten“. Da ist er wohl mal wieder etwas durcheinander gekommen …

Aber: ich bin ein viel coolerer Leaker als Fefe, und leake mal ein (leider nur eilig und kurzfristig zusammengestelltes) Dokument, dass ich zusammen mit Henning Tillmann und Jan Mönikes erstellt und heute in Düsseldorf an den NRW-Innenminister, LKA-Chef, Verfassungsschutz-Chefin und so weiter verteilt habe:

VDS-NRW--Infozettel.pdf

Und – vorsicht, Leak! – wir haben sogar darüber gesprochen, zwei Stunden lang!

 

Aber der Reihe nach:

Wie peinlich: das SSL-Zertifikat für den Login ins WLAN im ICE, betrieben von T-Mobile bzw. der Telekom, ist (gestern) abgelaufen. Tja, das passiert auch den großen … ;-)

telekom-ICE-cert-abgelaufen.png

Gesehen im ICE 614.

Update: Am Abend war dann ein korrektes Zertifikat installiert. Und es war insgesamt hotspot.t-mobile.de betroffen.

 

Es ist trivial, jeder beliebigen Webseite eine Alterskennzeichnung „ab 0 Jahren“ nach dem neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) unterzuschieben und somit das zentrale Element des neuen JMStV auszuhebeln. Man braucht nur einen Apache-Webserver und drei Zeilen Konfiguration, danach kann man einen Proxy-Server im Browser eintragen und schon denkt der Filter, alle aufgerufenen Webseiten seien ab 0 Jahren freigegeben.

Eine wesentliche Idee am neuen JMStV, über den diese Woche die letzten Bundesländer abstimmen wollen und der zum 1. Januar 2011 den alten ablösen soll, ist die Etablierung von Inhaltsfiltern, die im Vertrag „Jugendschutzprogramme“ genannt werden. Diese sollen ein Alterskennzeichen der Webseiten auslesen und damit je nach Alter des Nutzers den Zugang erlauben oder verhindern. Vor ein paar Tagen habe ich über die Hintergründe der Entstehung der technischen Richtlinie zur Webseiten-Kennzeichnung nach dem neuen JMStV geschrieben. Nun habe ich mir die Richtlinie inhaltlich näher angeschaut.

Würde Google bei der Wangener Kirbe (diesjährige Ankündigung der Stadt Stuttgart; Hintergrund) sein Street View Fahrzeug durchschicken, könnte ich verstehen, wenn die hiesigen Lokalpolitiker vermeiden wollen würden, dass diese Traurigkeit im Netz zu sehen ist ... ;-)

 

Aber Street View macht eben weder Film noch ist es Live noch kommt das Kamera-Auto bei der Kirbe. 

Siehe auch: Zeitungen, die Street View Gegner mit Foto vor ihrem Haus zeigen und namentlich nennen.

 

Update: Klägerin hat im Verlauf der Verhandlung vor dem LG Hamburg die Klage zurückgezogen.

Der eine oder andere erinnert sich: die Hamburgerin Martina Nolte will (von mir) Lizenzgebühren für das Anzeigen einer Webseite mit dem Web-Blaster haben. Erst hat sie es über ihre Bilder in der Wikipedia versucht, und als ich dem offensichtlichen Unfug ihrer Abmahnfalle widersprochen habe versucht sie es nun über einen Artikel im Hamburger Abendblatt. Das Amtsgericht Hamburg konnte aber keine Urheberrechtsverletzung erkennen

Nachdem das AG Hamburg auch in seinem schriftlichen Protokoll deutlich gemacht hat, dass es eine Urheberrechtsverletzung nicht sieht, macht Nolte auch noch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht, geltend. Und da Wettbewerbsrecht am Landgericht verhandelt wird, wurde das Verfahren auf ihren Antrag dort hin verwiesen. Verhandlung ist morgen:

Mittwoch, 18. August 2010, 11 Uhr
Sitzungsraum A234
Ziviljustizgebäude Sievekingplatz 1

Die Verhandlung ist öffentlich.

Die großen Fragen zur Katastrophe bei der Loveparade in Duisburg sind:

  1. Wer trägt die Schuld, dass es so weit kommen konnte
  2. Warum ist es passiert

(siehe auch: Der Ablauf der Tragödie Loveparade)

Zu beiden Fragen wurde in den letzten Tagen viel spekuliert, geschrieben und gesagt. Im Folgenden habe ich ein paar Punkte zusammengefasst und vor allem ein bis jetzt noch wenig bekanntes Video gefunden, dass mit dem Absturz einer Person von der rosa Plakatwand einen eventuellen Auslöser zeigt.

Klar ist, dass sich die Schuldigen zu Punkt 1 – egal, wer es nun sein mag – herausreden werden: nein, das Gelände war nicht zu klein, nein, es war alles in Ordnung, nein, es gab kein vorhersehbares Chaos. Und: seht, da sind Leute die Wände runtergefallen, die tragen die Schuld!

Dank Internet, Youtube und Handy-Videokameras haben wir aber seit einiger Zeit erstmals die Situation, dass in großer Masse zeitgeschichtliche Dokumentationen von großen Veranstaltungen zur Verfügung stehen und somit demokratisiert werden. Vor 10 Jahren wären so schnell keine Details bekannt geworden, es gäbe nur wenige Beweise. Aber heute ist die breite Öffentlichkeit nicht mehr auf spärliche Informationen angewiesen, sondern kann sich bei Interesse weitgehend selbst ein Bild machen. Im Netz gibt es so viel Bildmaterial, dass sich die Situation im Nachhinein nicht mehr herunterspielen lässt. Per Twitter und Blogs werden Nachrichten schnell verbreitet, Radio und Fernsehen greifen es dann oft auf. Die Kehrseite der Medaille ist, dass auch viele unschöne Szenen vom Sterben, Wiederbelebungsversuchen und Toten zur Verfügung stehen. Die Gratwanderung, was man noch anschauen oder gar veröffentlichen soll und was nicht, ist dabei schwer.

Der Absturz am Plakat

Um die Ursachen zu finden habe ich mich dennoch bei Youtube und anderswo auf die Suche gemacht. Was ist da passiert, warum ist es so passiert? Dabei habe ich ein Video gefunden, das möglicherweise zwei der vielen ausschlaggebenden Auslöser der Katastrophe zeigt:

Seit gestern Abend ist bei mir (in Stuttgart Wangen) die VDSL-Leitung der Telekom weg. Was heißt weg, DSL-Verbindung kommt meistens zustande, aber auf IP-Ebene hakt es. Nach 30 Minuten in der Warteschleife behauptete der Support steif und fest, dass bei anderen Kunden keine Probleme bekannt seien, und heute sich jemand vom 3rd-Level-Support melden würde. Schließlich sind die um 20 Uhr in den Feierabend gegangen und meine Meldung kam erst um 19:45. Es hat sich aber bisher keiner gemeldet. Naja, es ist Sonntag … ;-)

Kennt jemand das Phänomen: DSL-Verbindung steht, Router hat eine IP, Ping/Traceroute funktioniert. HTTP o.ä. nicht. Da habe ich genauer nachgeschaut: kleine IP-Pakete gehen durch, größere nicht. Das reicht für eine kleine HTTP-404-Fehlermeldung, einen Ping oder DNS-Lookups, aber alles andere bleibt hängen. Es scheint also Probleme mit nicht ganz kleinen TCP Paketen zu geben. Daher habe ich mal versucht, im Client die Standard-MTU von 1500 Bytes herabzusetzen – und tatsächlichlich, bei einer MTU von 100 (!) klappt es ein wenig und sehr wackelig, 128 ist schon zu groß. Man sollte also meinen, dass da bei der Telekom im Routing einiges schief geht.

Aber kann das auch ein Bug/Defekt im Router sein, ist jemandem entsprechendes bekannt? Es ist ein Speedport W 721V, also einer der VDSL-Router der Telekom. Da die Telekom steif und fest behauptet, dass ihnen keine Netz-seitigen Probleme bekannt seien, wäre dies ja eine Möglichkeit.

Immerhin: mit einer MTU von 100 geht das Netz etwas, und zur Not habe ich UMTS.

Ein „normaler“ Web-Zugriff aus tcpdump sieht so aus:

tcpdump: listening on en1, link-type EN10MB (Ethernet), capture size 65535 bytes
11:00:03.102366 IP (tos 0x0, ttl 64, id 11509, offset 0, flags [DF], proto TCP (6), length 64)
    192.168.1.100.51379 > 217.118.27.56.80: Flags [S], cksum 0x4cea (correct), seq 1681018923, win 65535, options [mss 1460,nop,wscale 3,nop,nop,TS val 964525179 ecr 0,sackOK,eol], length 0
11:00:03.126918 IP (tos 0x0, ttl 58, id 58259, offset 0, flags [DF], proto TCP (6), length 60)
    217.118.27.56.80 > 192.168.1.100.51379: Flags [S.], cksum 0x6d65 (correct), seq 1323724496, ack 1681018924, win 65535, options [mss 1452,nop,wscale 3,sackOK,TS val 2645136672 ecr 964525179], length 0
11:00:03.126989 IP (tos 0x0, ttl 64, id 2535, offset 0, flags [DF], proto TCP (6), length 52)
    192.168.1.100.51379 > 217.118.27.56.80: Flags [.], cksum 0x9c25 (correct), seq 1, ack 1, win 65535, options [nop,nop,TS val 964525179 ecr 2645136672], length 0
11:00:03.127304 IP (tos 0x0, ttl 64, id 48810, offset 0, flags [DF], proto TCP (6), length 508)
    192.168.1.100.51379 > 217.118.27.56.80: Flags [P.], cksum 0x178c (correct), seq 1:457, ack 1, win 65535, options [nop,nop,TS val 964525179 ecr 2645136672], length 456
11:00:04.099568 IP (tos 0x0, ttl 64, id 37322, offset 0, flags [DF], proto TCP (6), length 508)
    192.168.1.100.51379 > 217.118.27.56.80: Flags [P.], cksum 0x1783 (correct), seq 1:457, ack 1, win 65535, options [nop,nop,TS val 964525188 ecr 2645136672], length 456
11:00:06.102922 IP (tos 0x0, ttl 64, id 23784, offset 0, flags [DF], proto TCP (6), length 508)
    192.168.1.100.51379 > 217.118.27.56.80: Flags [P.], cksum 0x176f (correct), seq 1:457, ack 1, win 65535, options [nop,nop,TS val 964525208 ecr 2645136672], length 456
11:00:10.107653 IP (tos 0x0, ttl 64, id 34274, offset 0, flags [DF], proto TCP (6), length 508)
    192.168.1.100.51379 > 217.118.27.56.80: Flags [P.], cksum 0x1747 (correct), seq 1:457, ack 1, win 65535, options [nop,nop,TS val 964525248 ecr 2645136672], length 456
11:00:18.116672 IP (tos 0x0, ttl 64, id 21393, offset 0, flags [DF], proto TCP (6), length 508)
    192.168.1.100.51379 > 217.118.27.56.80: Flags [P.], cksum 0x16f7 (correct), seq 1:457, ack 1, win 65535, options [nop,nop,TS val 964525328 ecr 2645136672], length 456
11:00:31.932575 IP (tos 0x0, ttl 64, id 55748, offset 0, flags [DF], proto TCP (6), length 508)
    192.168.1.100.51278 > 217.118.27.56.80: Flags [FP.], cksum 0x0ad8 (correct), seq 804391936:804392392, ack 2219363545, win 65535, options [nop,nop,TS val 964525466 ecr 3828629392], length 456
11:00:34.136103 IP (tos 0x0, ttl 64, id 21211, offset 0, flags [DF], proto TCP (6), length 508)
    192.168.1.100.51379 > 217.118.27.56.80: Flags [P.], cksum 0x1657 (correct), seq 1:457, ack 1, win 65535, options [nop,nop,TS val 964525488 ecr 2645136672], length 456

„Die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“ heißt es in Artikel 20 unseres Grundgesetzes. 

Das Bundesinnenministerium will sich aber nicht daran halten: Mir liegt der finale Entwurf des Erlasses (PDF; 2,4 MB) vor, mit dem das BKA angewiesen wird, das Zugangserschwerungsgesetz nicht umzusetzen.

 

Natürlich ist dies erst einmal eine gute Nachricht: die Arbeit hat sich gelohnt, nicht nur die neue Regierungskoalition sondern die überwiegende Mehrheit der Bundestags-Mitglieder hat eingesehen, dass Internet-Blockaden oder Netzsperren im Kampf gegen die Darstellung sexuellen Missbrauchs von Kindern Unfug sind. Wir sollten uns freuen!

Leider können wir das nicht. Wie aus Koalitionskreisen zu hören ist, weigert sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion mehrheitlich weiterhin ein Aufhebungsgesetz zu formulieren. Das Ergebnis ist die besagte Dienstanweisung. Dabei wäre das nicht nur die verfassungsrechtlich saubere Lösung: Eine Dienstanweisung an das BKA kann das Ministerium jederzeit rückgängig machen. Heimlich still und leise, ohne Aussprache im Bundestag, ohne Öffentlichkeit. Der Willkür der Bundesregierung, der Exekutive, ist mit einer solchen Lösung Tür und Tor geöffnet – daher gibt es in einer Demokratie die Gewaltenteilung. Das Parlament, die Legislative, macht die Gesetze. Aus diesem Grund habe ich noch eine kleine Resthoffnung, dass sich die Unionsfraktion doch noch durchringen kann, ein ordentliches Aufhebungsgesetz mitzutragen.

Vielleicht strengen die Oppositionsparteien im Bundestag aber auch eine Organklage an und zwingen so die Bundesregierung zu einer sauberen Lösung.

 

Der Text des Erlasses des Innenministeriums ans BKA:

  1. Vor diesem Hintergrund hat das Bundeskriminalamt den in § 1 Abs. 2 ZugErschwG eingeräumten Beurteilungsspielraum dahingehend zu nutzen, dass keine Aufnahme in Sperrlisten erfolgt und Zugangssperren unterbleiben. Als eine erfolgsversprechende Maßnahme in diesem Sinne bitte ich die Benachrichtigung des Staates anzusehen, in welchem die identifizierten kinderpornographischen Inhalte physikalisch vorgehalten werden. Die Benachrichtigung ist mit der nachdrücklichen Bitte um Löschung des Inhalts und um entsprechende Rückmeldung nach Löschung an das BKA zu versehen. Diese Verfahrensweise ist erforderlich, um insbesondere den betroffenen ausländischen Stellen die Möglichkeit zu geben, sich auf das Verfahren einzustellen und auf entsprechende Meldungen des Bundeskriminalamts zeitnah durch Löschung der Angebote zu reagieren. Aus diesem Grund sind weder Sperrlisten zu erstellen, noch Sperrlisten an die Internetserviceprovider zu übermitteln.
  2. Das unter 1. beschriebene Verfahren gilt uneingeschränkt auch für die mit den fünf großen Internetserviceprovidern abgeschlossenen Verträge. Eine Sperrlistenerstellung/Sperrlistenübermittlung auf dieser Grundlage hat zu unterbleiben. Soweit die vertraglichen Verpflichtungen nicht schon wegen des Inkrafttretens des ZugErschwG erlöschen, bitte ich die Verträge BKA-seitig unter Hinweis auf das Inkrafttreten des ZugErschwG aufzukündigen.
  3. Die Erarbeitung der in §10 ZugErschwG benannten technischen Richtliniebleibt ausgesetzt. Die Einleitung des Beteiligungsverfahrens der Diensteanbieter unterbleibt bis auf weiteres.
  4. Als kinderpornographisch identifizierte Inhalte im Internet sind zukünftig auch den Selbstregulierungskräften der Internetwirtschaft wie der deutschen Internetbeschwerdestelle mit dem Ziel der Löschung der Inhalte zu melden. Auch diese sind um Rückmeldung zu den weiteren auf die Benachrichtigung hin erfolgten Schritten und insbesondere zu Erkenntnissen in Bezug auf die Löschung des inkriminierten Inhalts zu bitten.
  5. In Bezug auf das unter 1. beschriebene weitere Vorgehen und dessen Wirksamkeit sind Erkenntnisse zu sammeln. Hierzu sind Listen über erkannte und gemeldete kinderpornographische Webseiten zu führen. Ich bitte mir monatlich zu berichten:
    • Zahl der im Vormonat getätigten Unterrichtungen anderer Staaten 
    • Auflistung der betroffenen Staaten (wie viele Fälle pro Staat im Monat) 
    • Zahl der erfolgten Rückmeldungen 
    • Inhalt der Rückmeldungen (in wie vielen Fällen erfolgte innerhalb welcher Frist eine Löschung?)
    • BKA-seitig ermittelte Erkenntnisse über den weiteren Verbleib des als kinderpornographisch identifizierten und dem betroffenen Staat gemeldeten Inhalts. Hierzu sollte ein geregeltes Verfahren eingesetzt werden, welches vorsieht, dass in festgelegten zeitlichen Abständen ermittelt wird, ob der Inhalt auch nach Benachrichtigung des betroffenen Staates weiter unter der benannten Adresse im Internet abrufbar ist (soweit möglich auch, ob der selbe Inhalt auf eine andere Adresse im Internet umgezogen wurde)
    • Zahl der monatlichen Unterrichtungen der Selbstregulierungsstellen
    • Zahl der Rückmeldungen hierauf und deren Inhalt 
  6. Soweit sich aus dem unter 5. vorgegebenen Verfahren Erkenntnisse ergeben, dass in einer signifikanten Vielzahl von Fällen entweder keine Rückmeldung des benachrichtigten Staates erfolgt oder erkannt wird, dass trotz Meldung keine Maßnahmen zur Löschung der Inhalte unternommen wurden bzw. diese nicht zum Erfolg geführt haben, bitte ich um Unterrichtung unter Auflistung der erfolgten Mitteilungen und des jeweils weiteren Verlaufs (keine Rückmeldung bzw. Inhalt am xx.xx.xxxx unter der gemeldeten Adresse nach wie vor abrufbar). In diesen Fällen beabsichtige ich, BMJ bzw. AA um Unterstützung zu bitten.

 

Erlass-ZugErschwG.pdf (PDF, 2,4 MB)

 

Anlässlich der aktuellen Wikipedia-Diskussion habe ich (auf Twitter übrigens @alvar_f) mal einen kleinen Bot geschrieben, der die neusten Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia zu Twitter schiebt: Artikelgeburten (@wp_de).

Da einige neuen Artikel schneller gelöscht sind als der Bot sie erwischt, erscheinen nicht alle dort.

Aber es kommen dennoch einige ganz besondere Perlen zum Vorschein:

Amerika-USA (von Engelchenndh)

Durch Amerika fließen die Flüsse Amazona, Mississippi, Mackenzie, Parana, Rio Madeira, Rio Purus, Sankt-Lorenz-Strom, Ohio und viele andere. Der Mackenzie ist 4241 km lan und fließt Norwest von Kanada durch. Sankt-Lorenz-Strom fließt östlich an Nordamerika und ist 1200 km lang. Er grenzt USA und Kanada. Ohio ist der neben Fluss des Mississippi und ist 2107 km lang. Er entsteht durch den Zusammenfluss von Allegheny. In den Flüssen können auch Wassertiere leben wie Bibe,Seelöwen,Wasserschwein,Fische und Krokodile. In Flachland können Bison,polarwolf,Mara, Puma und viele andere Tiere leben. USA wird in Städte eingeteilt wie Altanta, Austin, Boston, Chicago, Las Vega, Los Angeles, New York und noch viele andere.In Los Angeles kann man sich Museum ( Santa Monica, Watts Towers, Botanical Gardens und Hantingston) ansehen und ein sehr schönes Denkmal Namen The Hollywood Sign. Die Hauptstadt von USA ist Washington, die besten Denkmäler sind Franklin Delano Rooserdt Memorial, Lincoln Memorial, National World War 2 Memorial und Washington Monument oder das beste Kunstmuseum ist National Gallery. Die meisten Urlauber schauen sich in der USA das 30 Rockefeller Plaza an, weil der Blick auf das State Building oder den Central Park richtet. Die meisten Fast-Food Restaurant-Retten sind Mc Donalds, Burger KIng, Jack in the Box, Taco Bell oder Wendy´s. Es gibt dort Hamburger, Chicken,Steaks, Hot Dog, Club Sandwich, Pizza, Meat Loaf und Barbecul. USA ist auch ausgezeichnet für ihre Hollywoodfilme wie "Der Amer","Gangster in Hollywood","Das klassenzimmer ist ein Kleines Theater" und viele andere Filme. Der Aktuelle Kinofilm ist " Von Löwen und Lämmer". In der USA gibt es verschiedene Sportrichtung wie Football, Baseball,Basketball, Fussball, Eishockey, Nescar und Wrestling. Die beliebteste Sportart ist Football, sie gibt es schon seit 1970. In jeder Schule ( Hight School und College ) gibt es eine Mannschaft, die gegen einander antretten. Kinderspiele ind den Schulen sind Schlagball und Fussball. In der USA sind die häufigtens Musikrichtungen Hip Hop, Pop, Rock und Rap. Die bekanntesten Sänger sind Pink, Lloyd, Michael jackson, 50 Cent, Tina Turner und Jennifer Rush.

Da könnte man denken, jemand nutzt die Wikipedia zur Ablage schlechter Hausaufgaben.

 

Schmor gitter (von 87.159.132.23)

 

Ein Schmohrgitter ist ein Netzwerk von Leuten die nix anderes zu tun haben als sontigen nichtgewollten Krümel und Gas über die rübe zu braten.

Genannt Nasenpisserkomplott !

Achso! 

 

Tascha (von 89.247.13.66)

Tascha (umgangssprachlich auch Muskelmann) ist eine Frau die gerne komisch ist...

Sie oder auch er ist ein Fittnessstudiogänger und hebt 200 kilo locker!

Tascha geht, wie schon erwähnt, gerne ins Fittnessstudio und pumpt übelst viele Gewichte...sie ist sehr muskulös und viele Männer sind neidisch das sie so viel Muskelmasse hat! Nichts desto trotz steht sie ihren Mann im Fitnessstudio und gewinnt den ein oder anderen harten Kampf gegen die anderen Massemonster.

Als Nebenjob hilft sie Straßenarbeiter bei ihren Fitnessprogramm damit diese ihren Job besser ausführen können. Sie ist also sehr angagiert.

Anabolika kommen ihr nicht ins Haus denn sie hat von Natur aus einen sehr hohen Testosteronspiegel und da sie sehr viel isst...nein sie frisst mehr als sie isst...braucht sie auch keine Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen!

Aber letztendlich ist sehr nett...wenn sie nicht gerade sauer ist!

 

Aber ihre Telefonnummer fehlt!

 

Freiherrenschaft (von Dracula666)

siehe auch Baronie

Aha!

 

Interessanterweise ist die Artikelqualität nach Mitternacht besser geworden. Während zwischen 22 und 23 Uhr viele Artikel mit "Fickeeeen" und ähnlichem gefüllt waren und etwa die Hälfte der Artikel als offensichtlicher Unsinn innerhalb weniger Sekunden per Schnelllöschung behandelt wurde, ist es nun besser. Wahrscheinlich sind die ganzen Spielkinder im Bett.

Neben offensichtlichem Vandalismus gibt es aber auch viele mangelhafte Artikel, ein Beispiel:

Indan (von 87.159.132.23)

Indan ist eine farblose Flüssigkeit mit aromatischem Geruch.

Auf Grund seiner Eigenschaften wird es wird als Lößungsmittel und Ausgangsstoff für viele aromatische Synthesen eingestzt.

 

Die Argumentation, dass man die vorhandenen Ressourcen lieber darauf verwendet „relevante“ Artikel zu verbessern als möglichst viel in schlechter Qualität (und mit Rechtschreibfehlern) aufzunehmen kann ich da durchaus nachvollziehen.

 

Ein Problem ist sicher, dass Löschen einfacher ist als verbessern. Wenn so manche der Lösch-Freunde und Teilnehmer der Löschdiskussionen mehr in die Verbesserung der Artikel investieren würden könnte man sich sicherlich einige Löschungen ersparen.

Dennoch geht die Löschdiskussion in die falsche Richtung, die dauernden Beschimpfungen und Beleidigungen der Wikipedia verkennen um was es bei ihr geht: die Community hat beschlossen, dass die Wikipedia eine Enzyklopädie und kein Wörterbuch, Firmen- oder Vereinsregister ist. Die Wikipedia-Community bestimmt, was sie in der Wikipedia haben will. Dafür wurden die Relevanzkriterien aufgestellt. So wie Fefe bestimmt, dass er keine Kommentare in seinem Blog haben will. Oder so wie der CCC bestimmt, wen er auf den Congress einlädt und wer keine Vorträge halten darf (ich). Jeder ist eingeladen dabei mitzumachen, sich einzubringen. Und wer andere Relevanzkriterien oder deren Abschaffung möchte, der muss sich eben innerhalb der Wikipedia um eine Mehrheit kümmern. Ich persönlich halte die Relevanzkritierien für zu streng, aber da ich kein Wikipedianer bin zählt meine Stimme nicht.

In der Zwischenzeit wollen ja verschiedene Leute Wikipedia-Forks bauen. In einem oder zwei Jahren werden wir sehen, wie erfolgreich sie sind. Das wird sicherlich noch interessant …

Update: Siehe auch die Kommentare unten, in diesem hier gehe ich nochmal auf ein paar Punkte ein.

Nun hat es Wolfgang Schäuble zugegeben, wie die dpa berichtet: Die Internet-Sperren waren Wahlkampf-Show:

Der Minister gab handwerkliche Fehler beim sogenannten Zugangserschwerungsgesetz für Stoppschilder im Internet zu. Das Gesetz zum Schutz vor Kinderpornografie sei im Endspurt des Wahlkampfes auch deshalb entstanden, um die CDU gegenüber anderen Parteien abzusetzen. (Quelle)

Nun, eigentlich haben es sich wohl die meisten Mitglieder der „Internet-Community“ (was auch immer man sich darunter vorstellen mag) schon lange gedacht, schon lange gewusst. Und schon vor einem halben Jahr habe ich entsprechendes in der ersten Pressemeldung des AK Zensur erwähnt: es ist wirkungsloser Aktionismus zu Wahlkampf-Zeiten. Man kann auch sagen: Ursula von der Leyen und die CDU/CSU haben missbrauchte Kinder bewusst für ihren Wahlkampf benutzt und damit ein weiteres mal missbraucht.

Aber nicht nur das. Für ein bisschen Wahlkampf-Show haben sie einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, sie haben ihm eine Internet-Zensur-Infrastruktur versprochen und sich dafür einen Vorteil im Wahlkampf erhofft. Und die SPD ließ sich aus Angst davor, von der BILD-Zeitung in die Kinderschänder-Ecke gedrückt zu werden, von der Union über den Tisch ziehen. Denn: der Ehemann der CDU-Verhandlungsführerin Martina Krogmann ist stellvertretender Chefredakteur der Bild-Zeitung. 

 

Die Wahlkampf-Taktik hat häufig geklappt. Wenn die Chefin der Internet-Ausdrucker-und-wieder-Einscanner den Internet-Abstinenzlern etwas erzählt, dann glauben die es.

Und nun fordert der Teufel seinen Tribut: den Aufbau einer Internet-Zensur-Infrastruktur. Der Tribut wird aber nicht von den Verursachern gezahlt, sondern von uns, den Internet-Nutzern, und unseren Kindern, den zukünftigen Internet-Nutzern. Hoffen wir, dass der Unsinn noch in letzter Sekunde zu verhindern ist und der Teufel einen anderen Tribut kriegt: den Verlust der Glaubwürdigkeit von CDU/CSU. 

Frau Krogmann hat sie schon verloren. Denn vor ein paar Jahren, als sie noch die Internet-Expertin der Union war, wehrte sie sich vehement gegen die Internet-Sperr-Pläne von Jürgen Büssow:

Dass die Zensurgelüste überhand nehmen, findet auch Martina Krogmann, Internet-Beauftragte der CDU/CSU-Fraktion. Es sei bedenklich, dass immer mehr "Ahnunglose auf den Vorstoß eines Einzelnen aufspringen". (Quelle)

Die Internet-Beauftragte der CDU, Martina Krogmann, sprach dagegen von einem "eindrucksvollen Beispiel" dafür, wie man der Internationalisierung des Informationsaustauschs nicht begegnen sollte. In dem Fall würden Inkompetenz und eine zweifelhafte Gesetzesauslegung auf die Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts prallen: "Regierungsbezirk Düsseldorf contra Globalisierung." (Quelle)

 

Aber in Wahlkampfzeiten ist eben alles anders, wie Schäuble nun zugegeben hat. Da ist auch Krogmann auf den Wahlkampf-Zug von Familienministerin Ursula von der Leyen aufgesprungen. Danke für die Ehrlichkeit Herr Schäuble, aber Ehrlichkeit ist vor der Wahl gefragt, nicht danach.

 

Mehrere Bundestags-Kandidaten quasi aller Parteien fordern eine Ausweitung von Internet-Sperren. Das Schlagwort vom angeblich „rechtsfreien Raum“ ist in Wahlkampfzeiten natürlich beliebt. Bei den Urheberrechtsfragen besteht innerparteilich weniger Einigkeit als man denkt und bei den Internet-Sperren wollen angeblich auch Union und SPD „löschen statt sperren“. Nur komisch, dass sie erst kürzlich ein anders lautendes Gesetz verabschiedet haben – und viele Abgeordnete die nun „keine Zensur“ heucheln haben zugestimmt. Es ist Wahlkampf, und dank WEN WÄHLEN? treten so einige interessante Einblicke zu Tage ...

Im folgenden eine Zusammenfassung der Antworten und Begründungen der Kandidaten bei den netzpolitisch relevanten Thesen. (Anmerkung: Ein paar Infos zu dem was man als Wähler bei WEN WÄHLEN machen kann gibt es im alten Beitrag)

 

Bald ist Wahl. Fast so überraschend wie Weihnachten!

Aber wo das Kreuz machen?

Wie zur Bundestagswahl 2005 habe ich auch dieses Jahr wieder den Kandidaten-Vergleich WEN WÄHLEN? gemacht. Das ist zum Teil eine Art Wahl-O-Mat, nur mit dem wesentlichen Unterschied, dass es auf Wahlkreisebene funktioniert. Ihr könnt also die einzelnen Kandidaten in den Wahlkreisen vergleichen (sofern sie mitgemacht haben, aber ihr könnt sie auch nochmals einladen).  

Und damit das spielerische Element nicht zu kurz kommt, gibt es seit heute auch eine Art Kandidaten-Hot-or-Not mit einer Hitliste!

Bei WEN WÄHLEN? gibt es 56 Thesen; die Kandidaten können jeweils auch eine Begründung angeben. Und es gibt auch eine Übersicht über die Durchschnittswerte der Parteien. Dazu schreibe ich gleich noch eine kurze Zusammenfassung ...

Zuguterletzt: im WEN WÄHLEN?-Blog und auf unserem Twitter-Account schreiben wir hin und wieder Neuigkeiten – wenn es zeitlich passt.

 

Spiegelfechter Jens Berger hat sich noch mal ein wenig tiefer mit der Frage beschäftigt, was es denn mit der Quelle der Zahlen und Angaben von Familienministerin Ursula von der Leyen zu Indien und Kinderpornographie auf sich hat.

Das erschreckende Ergebnis: Die Quelle der Zahlen, das International Centre for Missing and Exploited Children (ICMEC), hat als Technologiepartner Microsoft. Und Microsoft will in Indien Fuß fassen und seine Produkte den dortigen Behörden schmackhaft machen.

Jens Berger fasst das so zusammen:

Das System Zensursula ist denkbar einfach – alle Zahlen, Daten und Behauptungen, die aus dem Familienministerium kommen, sind entweder bestenfalls Schätzungen, Hörensagen, frei erfunden oder stammen aus dubiosen Quellen. Die engen Verbindungen zwischen dem Familienministerium und dem ICMEC lassen aufhorchen. Wahrscheinlich wusste Frau von der Leyen noch nicht einmal um die geschäftlichen Interessen von Microsoft in Indien und die Verbindung zu den Daten des ICMEC. Das Familienministerium muss sich aber der Frage stellen, von wem es sich beraten lässt, woher die Informationen stammen und welche Zwecke die Urheber der Informationen durchsetzen wollen. 

 

Diese Frage sollten sie sich öfter mal stellen: Es geht eben einfach ums Geld.

 

Nachtrag: Bevor jemand denkt ich sei ins Verschwörungstheoretiker-Lager gewechselt: Nein, natürlich nicht! Ich sehe das eher so an als "naja, da kennt jemand jemanden und der kennt wieder jemanden" und dann verbreiten sich Forderungen/Wünsche/Behauptungen eben. Ganz banal. Die Welt ist ja immer ganz banal. Das Böse bekanntermaßen auch. Bei obigem Thema dürfte es eben so sein, dass sich Microsoft jemanden raussucht, bei dem sie Technologiepartner spielen, der ihre Produkte in die Welt trägt. Wie immer eben. Genauso wie Apple Schulen ausrüstet oder T-Online "Schulen ans Netz" gefördert hat.

Dass von der Leyen ausgerechnet Indien erwähnt hat könnte daran liegen: da ist jemand im Ministerium die Liste durchgegangen und hat gerufen: "Oh, schaut mal, Indien – die haben doch die Informatiker-Inder, da gibts doch bestimmt viel Internet". Damit niemand sagen kann: "aber in Absurdistan gibt es ja kaum Internet". Dumm nur, dass so manche weitere Hintergrundinfo fehlt.

Aber auch das ist natürlich nur eine Vermutung ... ;-)

 

Aktuelle Kommentare

  • Timo: Hier ein interessanter Artikel über die SCHUFA und was sie weiter lesen
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  • Alvar Freude: Hast Du nähere Infos darüber, dass die Bahn die Entscheidungen weiter lesen
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