Die Bundesländer wollen an Internet-Sperren im Kontext des Jugendschutzes festhalten. Woran das liegt? Vielleicht, weil sie entsprechende Sperren auch im Bereich des Glücksspiels haben wollen. Und das ist kein Aprilscherz.
Martin Stadelmeier, Chef der Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz, hat auf dem Politcamp explizit bestätigt, dass die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) ganz bewusst die Möglichkeit hat, (wie er sagt in Ausnahmefällen) Sperrverfügungen gegen ausländische Webseiten zu erlassen. Die KJM hat auch schon solche angekündigt.
Wer sich nun fragt, warum im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (in Verbindung mit dem Rundfunk-Staatsvertrag) an der Regelung trotz aller Gegenstimmen festgehalten wird, findet eine mögliche Erklärung in dem Fragenkatalog zur Anhörung „Zukunft des Glücksspielwesens in Deuschland“ (PDF, 414 KB), der mir freundlicherweise zugespielt wurde. Dort wird auf Seite 9 als Frage 22 gefragt, ob Sperren ein gangbarer Weg gegen nicht zugelassene Glücksspiel-Webseiten wären:
22. Vorausgesetzt, Internetglücksspiel würde zugelassen: Auf welche Weise kann die Nutzung in Deutschland nicht zugelassener Websites unterbunden werden? Wie beurteilen Sie im Hinblick darauf die Durchführbarkeit und Wirksamkeit
- der Blockierung entsprechender Websites?
- obligatorischer Hinweise an die Besucher entsprechender Websites?
- von Verboten bzw. Beschränkungen bargeldloser Zahlungen?
- der Sperrung on (Bank-)Konten illegaler Anbieter?
- von Teilnahmeverboten?
Rein prinzipiell ist das nichts neues, solche Sperren wurden schon 2008 in Hessen gefordert, vor fast einem Jahr wurde bekannt, dass Hessen 25 Seiten gesperrt haben wollte. Und schon 2008 hat Düsseldorfs Regierungspräsident Jürgen Büssow die Domains eines ausländischen Glücksspiel-Anbieters und eines Diskussionsforums gekapert – und weltweite Internet-Polizei gespielt. (In beiden Fällen scheint es aber so zu sein, dass die Domains in der Zwischenzeit wieder zurück gegeben wurden.)
Interessant ist hier aber: die Frage, ob solche Sperren bei Glücksspiel genutzt werden sollen, taucht eben in einem Fragenkatalog der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz auf. Diese ist beim Jugendmedienschutz-Staatsvertrag federführend. Wenn sie Sperren bei Glücksspiel (und damit im Glücksspiel-Staatsvertrag) in Erwägung ziehen, da wäre es auch sehr verwunderlich, wenn im Bereich des Jugendschutzes das gleiche Ministerium auf diese Maßnahme verzichten würde.
Deutlich ist: Eine Chinesisierung Sinisierung des Internets in Deutschland und Europa wird von vielen politischen Kräften vorangetrieben.
gluecksspiel-fragenkatalog--staatskanzlei-rlp.pdf
Das war ja leider zu erwarten. Es sollen also dank JMStV Glückspielseiten, Erotikseiten, Seiten mit Urheberrechtsverstößen, politische Seiten, etc. gesperrt werden.
Gute Nacht!
"Rheinland-Pfalz & Sperrverfügungen" ist ja leider keine neue Erscheinung:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Beck-will-strenge-Sanktionen-gegen-Pornoanbieter-im-Internet-73573.html
2011 ist ja auch Landtagswahl...
Das sind sehr düstere Aussichten, und das schlimme ist, daß es für mich so plausibel klingt... :-(
Nur am Rande: Man spricht dann meines Wissens nach von "Sinisierung" :) Ja, hat das Problem, daß dieses Wort kaum jemand verstehen würde, kann man aber nen Link zu Wikipedia drunterlegen ;)
Danke für den Hinweis auf die Sinisierung – habe das ergänzt. :)