Seit ein paar Wochen tobt nun die Diskussion über den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV), mit dem die Bundesländer Jugendschutz im Rundfunk und dem aus ihrer Sicht vergleichbaren Internet betreiben wollen.
Nachdem wir hier den Vortragsentwurf – über den seit über einem Jahr im stillen Kämmerlein diskutiert wird – veröffentlicht und beim AK Zensur kommentiert haben, bemüht sich die federführende Staatskanzlei in Mainz, uns zu beruhigen: es sei ja alles nicht so gemeint.
Die Realität spricht eine andere Sprache.
Wenn man sich mal anschauen will, was die Akteure tatsächlich wollen, muss man sich nur die Stellungnahme der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) zum Gesetzesentwurf durchlesen – und man sollte im Hinterkopf haben, dass die KJM beim Entwurf beteiligt war:
Die KJM vertritt die Auffassung, dass administtrative Ansprechpartner (Admin-C), Suchmaschinenbetreiber, Internetplattformbetreiber (bspw. von Social Communuties), Linksetzer oder Anbieter von fremden Inhalten nicht in einem rechtsfreien Raum existieren, sondern den Jugendschutz bei den von ihnen verantworteten Angeboten durchsetzen müssen. Der JMStV gilt daher auch für diese Anbieter. Der weite Anbieterbegriff wurde bisher in der amtl. Begründung zum JMStV festgeschrieben.
Das heißt im Klartext: die KJM will nicht nur Access-Provider zu Sperren verpflichten, sondern im Namen des Kinder- und Jugendschutzes auch gegen Links, Suchmaschinen oder Kommentare in Blogs vorgehen. Sie ist der Ansicht, dass sie das jetzt schon kann, will aber eine Klarstellung im Gesetz. Wenn solche Seiten wie genau diese hier (böse Links!) also nicht per Strafrecht verbieten kann, dann doch wenigstens im Namen des Jugendschutzes.
Wenn die Staatskanzlei Mainz unter Staatssekretär Martin Stadelmaier also tatsächlich weder Access-Blocking noch Linkverbote und so weiter haben will, dann muss der neue Staatsvertrag nicht nur zur alten Definition zurückkehren, sondern ganz klar und eindeutig sich nur auf die eigentlichen Anbieter der Inhalte beziehen. Die Verantwortlichkeit für Access-Provider muss ganz rausfallen, die Haftung für Links muss sauber und medienadäquat geklärt werden und so weiter.
Und man sollte auch nicht vergessen: es geht hier nicht nur um Hardcore-Pornos. Die KJM ist viel gefährlicher, als es Zensursula je war.
Wenn vor diesem Hintergrund Heinrich Wefing in der Zeit von Verschwörungstheorien spricht ist dies besonders lächerlich. Die Tatsachen liegen auf dem Tisch …
Dass die Sache jetzt auf der Länderebene durchgeboxt werden soll, egal ob auf dem Rücken des Jugendschutzes oder eben gegen Kinderporno wie auf der Bundesebene, ist doch nur eine klare Konsequenz daraus, dass sich mittlerweile die meisten Experten sicher sind, dass das Zugangserschwerungsgesetz als Sache der Länder auf Bundesebene gar nicht verabschiedet hätte werden dürfen.
Wenn das Gesetz endlich gekippt wird, in ein paar Jahren vielleicht erst, dann ist schon das neue Jugendschutzgesetz als Staatsvertrag verabschiedet, dass nicht nur gleiche, sondern erheblich bessere Dienste leistet - im Sinne des Big-Brothers.
Ich glaube nicht, daß die Meldung bei Golem.de sich auf aktuelle Entwicklungen bezieht. Ich fürchte vielmehr, es handelt sich um eine verspätete Reaktion auf die ersten Versuche des Zurückruderns Ende Januar.
Es besteht kein Grund zur Entwarnung. Der bestünde außerdem ohnehin nicht.
Also ich glaube das funktioniert so: Erst werden die Altersfreigaben "freiwillig" umgesetzt. Wenn sich das durchgesetzt hat werden alle Internetanschlüsse providerseitig auf FSK 12 und nur WWW zurückgestellt. Mit einem Terminal für den neuen Personalausweis kann man sich dann für die dauer einer Browsersession als alt genug registrieren, um den Jugendschutz zu gewährleisten. (Und um einen Verantwortlichen für sämtliche Copyright-Verstöße zu haben)