Das BKA und das Löschen

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Nach einem Bericht von Welt Online schafft es das BKA nicht, Webseiten mit Darstellungen sexuellen Missbrauchs von Kindern schnell zu löschen. 40% der Webseiten seien noch eine Woche nach Bekanntwerden abrufbar. Das verwundert nicht, will das BKA doch nicht nur unbedingt Sperren, sondern auch neue Kompetenzen – die es mit dem Zugangserschwerungsgesetz und Internet-Sperren bekommt. Da ist es nicht hilfreich, wenn andere Lösungen viel besser funktionieren. Der gesamte BKA-Bericht liegt der Welt Online nach eigenen Aussagen vor, aber ohne konkrete Kenntnis der Inhalte ist es natürlich schwer, zu beurteilen was nun drin steht.

Klar ist aber, wer die Übeltäter sind: 

Beim BKA gingen zwischen Januar und Juni lediglich 20 direkte Löschungsbestätigungen ein, hauptsächlich aus der Russischen Föderation. Die meisten Server stehen dort und in den USA und Niederlanden, aber auch in Kanada, Schweden und Zypern.

In Russland klappt es also, aber in den USA, den Niederlanden, Kanada, Schweden und Zypern nicht? Also alles Schurkenstaaten? Mitten in den EU? Wäre es da nicht naheliegend, die internationale Zusammenarbeit zu verbessern, wie der AK Zensur schon seit langem fordert?

Fazit des Bundesinnenministeriums in seinem Entwurf zu einem Aktionsplan gegen Kinderpornografie ist, dass „die Kooperation zwischen den Staaten besser werden muss.“ Vor allem bei der Rückmeldepraxis aus den USA und den Niederlanden sieht das Ministerium „Verbesserungspotenziale“.

Apropos: die Niederlande planen gerade auch Sperren, die Schweden haben sie schon. Also, sie blockieren lieber als gegen die Inhalte vorzugehen?

 

So manche Argumentation von Ziercke ist allerdings hanebüchener Unfug:

BKA-Präsident Jörg Ziercke hatte mehrfach für Sperren im Internet plädiert, stößt mit dieser Ansicht aber auf den Widerstand bei der mitregierenden FDP, die Liberalität im Netz fordert. Das alleinige Löschen führt laut Ziercke nicht zum Verschwinden der schrecklichen Bilder aus dem Internet, weil die Produzenten stets über Kopien des Materials verfügen.

Herr Ziercke, können Sie mir erklären, was eine Blockade daran ändert? Sie ändert eins: das Material bleibt für die Konsumenten verfügbar. Wenn die Webseite gelöscht wird, ist es nicht mehr verfügbar – so lange, bis der Anbieter das woanders hochgeladen hat. Daher war schon immer unsere Forderung: die Anbieter müssen strafrechtlich verfolgt werden. 

 

Zudem sollte man sich immer wieder ins Bewusstsein rufen: nach einer Studie der Universität Cambridge können Bankbetrugs-Webseiten international innerhalb von vier bis acht Stunden gelöscht werden. Warum sollte das bei popeligen Betrugs-Webseiten schneller gehen als bei international geächteten und auch in den USA strafbewährten Inhalten? Der Verdacht, dass das BKA hier ineffiziente Wege nutzt, drängt sich förmlich auf.

 

Apropos: auf der aktuellen dänischen Sperrliste sind immer noch Webseiten aus Deutschland. Eine davon ist mir bekannt. Sie enthielt vor Jahren mal – soweit das aus Archiven ersichtlich ist – FKK-Bilder, aber schon immer ein korrektes Impressum. Der Domaininhaber sitzt in Deutschland. Seit einiger Zeit sind auf der Web-Seite nur noch nicht-sexuelle Inhalte zu sehen. Dennoch wird sie in Dänemark blockiert.

 

Update: Interessant ist auch:

Bis zum Verschwinden der Seiten gibt es laut der Untersuchung „immense Zugriffszahlen“, was zu „einer Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ führe.

Da fragt man sich: woher wollen sie das wissen? Sie haben ja angeblich keine Ahnung wer die Seiten betreibt, kommen nicht an die Hintermänner, die Löschung läuft schleppend – und es gibt immense Zugriffszahlen? Diese angeblichen immensen Zugriffszahlen sind wohl eher eine Wunschvorstellung des BKA.

 

Insgesamt ist die Zahlenangabe zu den Löscherfolgen wohl auch nicht exakt, die konkreten Zahlen schwanken von Monat zu Monat. Da es sich sowieso nur um eine geringe Anzahl handelt (20 gelöschte Webseiten, bei 60% wären es insgesamt 33 Webseiten), ist die Schwankungsbreite naturgemäß sehr hoch. Und nach meinem Kenntnisstand versucht das BKA weiterhin die Löschungen nur über Interpol und die „üblichen“ Kanäle, nutzt also keine weitergehenden Möglichkeiten.

7 Kommentare

"[...]Bis zum Verschwinden der Seiten gibt es laut der Untersuchung „immense Zugriffszahlen“, was zu „einer Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ führe [...]"

Wie ermitteln die eigentlich die Zugriffszahlen?

hallo,
wollt ihr vom ak zensur die herausgabe der studie fordern? würde das was bringen.
vielen dank, andreas

Es ist bisher noch nicht mal klar, ob es wirkich eine Studie ist oder nur eine Präsentation.

Wenn sie jemandem vorliegt: wir nehmen sie gerne …

Bei den nicht gelöschten Seiten kann wohl als sicher gelten, dass die Zugriffszahlen auf Schätzungen beruhen.

Das BKA hat natürlich Erfahrungen von Seiten, die in Deutschland liegen und die sie nach der Entdeckung ein paar Monate lang weiter laufen lassen, um die Konsumenten zu erwischen. Aber das kann man sicherlich nur selten vergleichen.

"Im Bereich der Verfolgung von Sexualdelikten - und damit auch dem Teilbereich der Kinderpornografie im Internet - hat das BKA im Regelfall keine Ermittlungszuständigkeit, sondern leitet Mitteilungen von Privatpersonen an das zuständige Landeskriminalamt weiter. [...] da es eine ausdrückliche zentrale bzw. bundesweite Zuständigkeit für die Verfolgung der Kriminalität im Internet nicht gibt."

Quelle: http://www.bka.de/profil/faq/fragen01.html#8

[...]Apropos: auf der aktuellen dänischen Sperrliste sind immer noch Webseiten aus Deutschland. Eine davon ist mir bekannt. Sie enthielt vor Jahren mal – soweit das aus Archiven ersichtlich ist – FKK-Bilder, aber schon immer ein korrektes Impressum. Der Domaininhaber sitzt in Deutschland. Seit einiger Zeit sind auf der Web-Seite nur noch nicht-sexuelle Inhalte zu sehen. Dennoch wird sie in Dänemark blockiert.
[...]

Apropos...FKK-Seiten mögen in Bezug auf den JMStV relevant sein, sie sind es definitiv nicht im Sinne des §184b d.h. FKK-Bilder sind legal....und da stellt sich mir die Frage ob dass nicht für die 40% der Seiten zutrifft, die eine Woche nach bekannt werden im Ausland noch gehostet werden....und dass zusätzlich im Ausland Inhalte legal sind (Lolicon) die bei uns auf der Abschußliste stehen ist noch ein anderer Punkt....

bombjack

auch wenn zum beispiel bundesinnenminister hans peter friedrich sein OK zum löschen gegeben hat :
das ist leider noch nicht genug.
Ein sinnvoller Jugendmedienschutz muß eine effektive Bekämpfung der modernen Sklaverei/ des human trafficking auf internationaler Ebene beinhalten. Was ist das eigentlich für eine technische Struktur, die es ermöglicht, daß Opfer von Menschenhandel millionenfach im Internet ausgebeutet und zur Schau gestellt werden können, ohne daß das jemand verhindert ?
http://sensiblochamaeleon.wordpress.com/2009/04/13/zensur-und-jugendschutz-und-bitte-teilen-sie-mir-ihre-kritik-nicht-telepathisch-mit-sondern-in-form-eines-kommentars-oder-einer-mail-oder-eines-telefonanrufs-oder-ekiga-skype-jabber-danke/

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