„Traffic-Klau“: Letzte Schriftwechsel vor der Web-Blaster-Verhandlung

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Die öffentliche Verhandlung in Sachen Web-Blaster wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung findet am kommenden 

Mittwoch, den 10.2. 2010 um 11:45 Uhr, Sitzungssaal A005
im Ziviljustizgebäude, Sievekingplatz 1, 20355 Hamburg 

statt.

Die letzten Tage gingen nochmals ein paar Ergänzungen zu den Schriftsätzen herum. So behauptet Noltes Anwalt weiterhin, der Web-Blaster würde auf dem Server Kopien speichern:

Es verbleibt beim diesseitigen Vortrag, wonach Daten auf dem Blaster-Server gespeichert werden. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Klägerin bereits aus de, Beklagtenvortrag, wonach der Webblaster durch entsprechende Meta-Tags eine Indexierung durch Suchmaschinen verhindere.

Eine aktive Einbindung von Meta-Tags, um die Indexierung durch Suchmaschinen zu verhindern, bestätigt vielmehr, dass eine Zwischenspeicherung auf dem eigenen Server erfolgt. Sonst wäre eine Blockade von Suchmaschinen gar nicht erst erforderlich.

Dies ist natürlich völliger Unsinn, es gibt überhaupt keinen Grund auf dem Web-Blaster-Server Kopien zu speichern. Das wäre auch vollkommen irrsinnig, denn da jede beliebige Webseite geblastet werden kann, müsste auf dem Web-Blaster eine Kopie des gesamten Webs liegen …

Auch interessant: die Tatsache, dass beim Web-Blaster ein Abschalt-Knopf (Link zum Original-Text) vorhanden ist, wird als Indiz dafür gewertet, dass eine Kopie auf dem Server vorhanden ist. Unser Anwalt Thomas Stadler schreibt dazu in der Erwiderung:

Die Klägerin versucht auch weiterhin, durch in technischer Hinsicht falsche Behauptungen den Eindruck zu vermitteln, der Beklagte würde Inhalte speichern. Dem wird erneut in aller Deutlichkeit widersprochen. Weshalb die Klägerin meint, der vorhandene Abschalten-Button würde eine Speicherung von Inhalten belegen, erschließt sich zudem nicht.

 

Zudem wirft uns Noltes Anwalt Gordon Neumann „Traffic-Klau“ vor, sehr abstrus:

Der Beklagte betreibt dort schlicht ungenehmigten so genannten „Traffic-Klau“ von der fremden Internetseite www.abendblatt.de und generiert durch Verlinkung und Weiterleitung auf www.assoziationsblaster.de [sic!] eigene Werbeeinnahmen.

Ablauf Web-Blaster

Was soll in diesem Kontext bitte „Traffic-Klau“ sein? Betreiben Firefox, Safari und Internet-Explorer auch Traffic-Klau? Oder nur Opera? Oder nur Google-Translate? Vor allem würde das ja wiederum der Behauptung nach einer Kopie auf unserem Web-Server widersprechen …

 

Um nochmal den gesamten Ablauf zu verdeutlichen, habe ich das Ablaufdiagramm (PDF, 2,7 MB) erweitert.

Auf jeden Fall erscheint mir, dass die Klägerin und Ihr Anwalt weder den Web-Blaster noch den Assoziations-Blaster verstanden hat. Da Martina Nolte oder ihr Anwalt hier ja mitlesen: unten ein paar Literaturhinweise.

 

Möglicherweise ist Martina Nolte aber auch gar nicht Klageberechtigt. Unser Anwalt Thomas Stadler aufgrund des vorgelegten Vertrages weiterhin der Ansicht, dass sie die Nutzungsrechte an den Axel-Springer-Verlag abgetreten hat. Es könnte also darauf hinauslaufen, dass die Klage schon an den formalen Voraussetzungen scheitert.

 

ablauf_web-blaster-v2.pdf
Klageerwiderung_Ergaenzung__Freude_Schrfitsatz_8.2.10.pdf
klageerwiderung.pdf

 

Literaturhinweise zum Assoziations-Blaster (für die Klägerin, damit sie vielleicht doch noch den Blaster versteht …):

  • Timo Kozlowski: Oskars Assoziationen; in: Wulf Segebrecht, Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft, Universität Bamberg (Hrsg.): Fußnoten zur Literatur; Bamberg 2000; Seite 132ff
  • Roberto Simanowsky: Assoziations-Blaster; in: Peter Weibel (Hrsg.): Im Buchstabenfeld -- Die Zukunft der Literatur; Neue Galerie Graz, Droschl Verlag, Graz 2001; Seite 167ff
  • Inke Arns: Interaktion, Partizipation, Vernetzung: Kunst und Telekommunikation; in: Dieter Daniels / Rudolf Frieling (Hrsg.), Medien Kunst Netz 1: Medienkunst im Überblick; SpringerArt, Wien/New York 2004
  • Baumgärtel, Tilman: Alles mit allem verbinden. In: CTRL SPACE, die wachsame Gesellschaft. Katalog zum Internationalen Medien Kunst Preis 2001. Karlsruhe: Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe, 2001, S. 71ff
  • Sabrina Ortmann: netz literatur projekt. Entwicklung einer neuen Literaturform von 1960 bis heute. Berlin: Berlinerzimmer.de Verlag, 2001; Seite 67-72.
  • Rudolf Frieling und Dieter Daniels (Hrsg.): Medienkunstnetz; Goethe-Institut und ZKM Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe; Karlsruhe 2004.
  • Interview mit Dragan Espenschied, vom Mai 2000. In: Elektronische Literatur. Universität Bamberg, 2000, S. 133
  • Idensen, Heiko: Das Buch ist tot - es lebe das Hyperbuch! http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/sa/3462/1.html 23.11.1999.
  • Thomas Dreher: Link, Filter und Informationsfreiheit: ODEM; in: Lektionen in NetArt, Folge 12; Universität München, 2002, http://iasl.uni-muenchen.de/links/lektion12.html#Blaster
  • Charlier, Michael: Laudatio zum 1. Ettlinger Internet-Literaturpreis. http://www.literaturwettbewerb.de/kommentare.html
  • Landeshauptstatt Stuttgart, Zehn Jahre "Assoziations-Blaster", http://www.stuttgart.de/item/show/132293/1/9/377737

Weitere wissenschaftliche Fundstellen zum Assoziations-Blaster findet Google-Schoolar.

 

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8 Kommentare

Das einzig Ärgerliche ist ja nur, dass einem solche Leute die kostbare Zeit stehlen.

Sollen die doch mal was Vernünftiges/Positives/Zukunftsgerichtetes/Kundenorientiertes machen. Die Einschätzung, dass Journalisten digitale Neandertaler sind (bit.ly/9MxjM0) wird täglich aufs Neue bewiesen, leider zu Lasten innovativer Leute.

Ich habe den Eindruck, dass die Klägerin auf einen Richter hofft, der die Materie weniger versteht als sie selbst (vielleicht auch nur vorgibt) und aus Unkenntnis, Unwissenheit oder Unwillen sich in die Materie einzuarbeiten eine Entscheidung in ihrem Sinne fällt.

Ich wünsche euch, dass der Richter nicht so ahnungslos wie Frau Nolte und ihr Anwalt ist. Sonst könntet ihr leicht in die Bredoullie kommen. Ich meine, so ein Internetz ist ja schon eine technisch recht komplexe Sache, da kann man schon mal den Überblick verlieren. Ich erinnere nur an die Anfrage eines Kunden einer Internetagentur, eine bestimmte Mail bitte 2x zu verschicken, weil er sie noch an seinen Partner weiter leiten wollte *facepalm*

Da kann man euch nur noch viel Erfolg wünschen.
Cross fingers.

Mittwoch, den 10.2. 2010 um 11:45 Uhr --- ist vorbei.


Wie ist der status?

Es ist peinlich für euch das ich das hier fragen muss.


mfg

Ganz ehrlich in Deutschland wird das immer schlimmer, man muss fast um " alles klagen " und das behindert soviel das business. Echt schade.

Ist schon ein starkes Stück. Toll, dass Ihr dagegen vorgeht!

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