Freie Software: was tun?

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Die letzten Sitzungen der Internet-Enquête des Bundestages nähern sich, und ich habe festgestellt: Mensch, warum hast Du so wenig darüber geschrieben?

Nun, daher schreibe ich hier mal die Handlungsempfehlungen, die ich für den Bericht der Projektgruppe „Internoperabilität, Standards, Freie Software“ zusammengestellt habe. Am Montag stehen sie auf der Tagesordnung. Sie stehen zwar alternativ zu den Handlungsempfehlungen der Koalition, enthalten diese aber ebenso wie alle anderen vorgeschlagenen Empfehlungen: neben meinen auch die von padeluun und Markus Beckedahl. Dass wir uns mit den Koalitions-Abgeordneten nicht auf eine gemeinsame Liste geeinigt haben (in der einzelne Mitglieder bei jedem Punkt entscheiden können, ob sie zustimmen) lag vermutllich an der knappen Zeit: die Projektgruppe hatte nur wenige Sitzungen und alles war sehr hektisch. Die SPD-Fraktion schließt sich den Handlungsempfehlungen an, die beiden anderen Oppositionsfraktionen evtl. auch.

Hier aber nun der Text:


Handlungsempfehlungen

Der Sachverständigen Alvar Freude, padeluun, Markus Beckedahl, Cornelia Tausch, Lothar Schröder, Wolfgang Schulz, ... sowie der SPD-Fraktion, ...

 

1 Interoperabilität und Standards


Das Internet hat sich zu einem integralen Bestandteil nahezu aller Lebensbereiche entwickelt. Weltweit nutzen mehr als 2,3 Milliarden Menschen das Internet [Stand Juni 2012. Quelle: ITU: Key statistical highlights. Online abrufbar unter: http://www.itu.int/ITU-D/ict/statistics/material/pdf/2011%20Statistical%20highlights_June_2012.pdf], wobei sie dafür unterschiedliche Hard- und Software verwenden. Dass eine Kommunikation in diesem heterogenen IT-Umfeld dennoch möglich ist, ist u.a. den offenen, nicht proprietären Standards zu verdanken, auf denen das Internet basiert.

Offene Standards sichern Interoperabilität: Das Zusammenwirken von IT-Systemen verschiedener Hersteller wird ermöglicht. Innovationen werden gefördert und Wettbewerb gesichert, indem ein ungehinderter Marktzutritt gewährleistet wird. Interoperabilität trägt zu wirtschaftlich-technischer Unabhängigkeit bei.

Entwicklungen wie das Internet der Dinge, die Industrie 4.0, das Cloud Computing und IPTV zeigen, wie wichtig die Verwendung Offener Standards und die Sicherstellung von Interoperabilität sind. Auch im Bereich des E-Government spielt Interoperabilität eine zentrale Bedeutung: Interoperabilität ermöglicht den medienbruchfreien Datenaustausch zwischen Staat und Bürgerinnen und Bürgern beziehungsweise Unternehmen.

Insbesondere Freie Software trägt durch die Verwendung Offener Standards zur Förderung von Interoperabilität bei. Der Einsatz Freier Software in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung hat in den letzten Jahren weiter zugenommen: Freie Software konnte sich dabei abhängig von der Einsatzumgebung als Alternative zu proprietärer Software etablieren.

Die Enquete-Kommission betont mit den nachfolgenden Handlungsempfehlungen die Bedeutung, die dem Einsatz Offener Standards sowie der Sicherstellung von Interoperabilität in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung zukommt.

Die Enquete-Kommission 

  1. begrüßt die Verabschiedung des Reformpaketes zum Europäischen Standardisierungssystem, da damit der Weg zur regulären Nutzung von Standards des IT-Sektors geöffnet wird, die nicht in den etablierten Normungsorganisationen entstanden sind. Auch wenn es sich hierbei vornehmlich um FRAND-Lizenzierung handeln kann, die nicht mit offenen Standards gleichzusetzen sind.
  2. unterstützt zusätzlich die Position der Bundesregierung aus SAGA, die zur Förderung des Wettbewerbs durch Offener Standards im Softwarebereich eine Lizensierung ohne Restriktionen und Lizenzgebühren erfordert.
  3. empfiehlt, die öffentliche Verwaltung sollte sich zur Förderung der Interoperabilität und Zukunftsfähigkeit ihrer IT-Systeme konsequent auf den Einsatz offener Standards verpflichten, um bei der Weiterentwicklung der Systeme nicht von den Interessen einzelner Marktteilnehmer abhängig zu sein. Zu diesem Zweck sollten ebenenübergreifend gemeinsame Mindestanforderungen definiert und Empfehlungen von einzusetzenden IT-Standards und -Spezifikationen ausgesprochen werden.
  4. stellt fest, dass Freie Software die Interoperabilität fördert. Daher empfiehlt sie der öffentlichen Verwaltung und Privatwirtschaft neben Standardisierung auch Freie-Software-Referenzimplementationen zur Verbesserung der Interoperabilität zu entwickeln und unter eine möglichst offene Lizenz zu stellen.
  5. fordert die Bundesregierung auf, zu prüfen, inwiefern zukünftig die Förderung offener Standards durch entsprechendes staatliches Handeln gewährleistet werden kann. So könnten nicht nur Zugangserleichterungen für die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft, sondern auch entsprechende Entwicklungsanreize gesetzt werden.
  6. stellt fest, dass die öffentliche Verwaltung durch einen konsequenten Einsatz offener Standards Unabhängigkeit gegenüber einzelnen Marktteilnehmern erhalten kann. Daher sollten ebenenübergreifend gemeinsam offene Standards definiert und entsprechende Empfehlungen für den Einsatz ausgesprochen werden.
  7. empfiehlt, sich bei der Entwicklung von durch die öffentliche Hand vorangetriebenen Standards an seit Jahrzehnten etablierten Verhaltensweisen zu orientieren. So sollten die Standards in möglichst offener Diskussion entwickelt werden, auf Mailinglisten können sich Entwickler gegenseitig Hilfestellung bei der Implementierung oder der Nutzung einer Referenzimplementation geben usw.
  8. stellt fest, dass branchenspezifische Software ein unerlässlicher Bestandteil geworden ist, um Zeiteinsparungen und Effizienzgewinne in der Verwaltung, Steuerung von Geschäftsprozessen und in der Kundenbetreuung zu realisieren. Bisher fehlt es jedoch in vielen Branchen noch an Auswahlmöglichkeiten für einzusetzende Software. Die Enquete-Kommission regt daher an, dass die berufsständischen Vereinigungen bereits vorhandene Standards und Spezifikationen zur Verfügung stellen, sodass sie Gegenstand sowohl von proprietärer als auch Freier Software werden können. Darüber hinaus müssen Zertifizierungen allen Interessierten möglichst niedrigschwellig zur Verfügung stehen, um gleiche Marktzutrittsvoraussetzungen zu schaffen.
  9. fordert die Hardware-Hersteller auf, sich selbst zu verpflichten, Nutzern die uneingeschränkte Möglichkeit des Zugriffs auf selbst erstellte Inhalte auf ihren Geräten zu gewähren, einschließlich des Transfers auf andere Geräte und Betriebssyteme. Dabei sind, soweit vorhanden, standardisierte Dateiformate zu nutzen.
  10. fordert den Bundestag auf, im Falle des Scheiterns einer solchen Selbstverpflichtung, entsprechende gesetzgeberische Initiativen zu ergreifen. Zum Stichtag 31.12.2014 soll festgestellt werden, ob die Selbstverpflichtung der Industrie eingeleitet und bis zum 31.12.2015 umgestzt worden ist.

2 Freie Software

Während offene Standards die Basis für die Verbreitung des Internets und die nötige Interoperabilität darstellt, hat Freie Software die Entwicklung des Internets maßgeblich befördert. Ohne im Quelltext vorhandene und für jeden diskriminierungsfrei weiternutzbare Software wäre die vielfältige und vor allem schnelle Entwicklung des Internets nicht denkbar. Unter freier Lizenz stehende Web- und Datenbank-Server, Content-Management-Systeme,  Programmiersprachen, Programm-Bibliotheken zur einfacheren Entwicklung komplexer Anwendungen und vieles mehr treiben die Entwicklung des Internets seit Jahrzehnten voran. Aber auch in vielen anderen Bereichen wird Freie Software eingesetzt: nach einer Untersuchung von Heise Online nutzten bereits 2008 über 80 Prozent der Unternehmen in Deutschland Freie und Open-Source-Software, bei 40 Prozent nahm sie sogar eine unternehmenskritische Rolle ein. [Diedrich, Oliver: Trendstudie Open Source, online abrufbar unter: http://www.heise.de/open/artikel/Trendstudie-Open-Source-221696.html]

Die Enquête-Kommission sieht Freie Software als qualitativ hochwertige, nützliche und dem Gemeinwohl dienende Software an. Sie stellt aber nicht die Existenz von proprietärer Software infrage, sondern empfiehlt ein Nebeneinander verschiedener Modelle, die je nach Einsatzszenario wechseln können.


2.1 Freie Software in der öffentlichen Verwaltung

Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Enquête-Kommission:

  1. Projekte wie LiMux zeigen, dass Freie Software nicht nur bei Server-Diensten, sondern vom Betriebssystem bis zu den einzelnen Anwendungen auch auf Arbeitsplatz-Rechnern in großen Organisationen eingesetzt werden kann. Die Öffentliche Verwaltung sollte dem Beispiel der Stadt München folgen und vermehrt Freie Software einsetzen.
  2. Die Umstellung und das Betreiben von Freier und proprietärer Software in der öffentlichen Verwaltung stellen vielseitige und umfassende Herausforderungen dar, die einer kontinuierlichen Begleitung bedürfen. Die Enquete-Kommission empfiehlt daher der Bundesregierung, das Kompetenzzentrum Open Source Software beim Bundesverwaltungsamt mit ausreichenden Mitteln auszustatten, damit es auch weiterhin als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung stehen kann.
  3. Bund und Ländern sollten auch in Zukunft neue Software möglichst plattformunabhängig erstellen (lassen). Insbesondere dann, wenn die Software zur Interaktion mit Bürgerinnen und Bürgern oder Unternehmen zur Anwendung kommen soll, sollte auch eine Plattformneutralität gewahrt bleiben, um eine möglichst hohe Teilhabemöglichkeit zu gewährleisten. [koa]
  4. Um eine feste Bindung an ein Betriebssystem zu verhindern, sollte auch von der öffentlichen Verwaltung für den Eigengebrauch selbst entwickelte Software bzw. von Dritten im Auftrag entwickelte Software plattformunabhängig erstellt werden. 
  5. Werden Änderungen und Erweiterungen an vorhandener Freier Software durchgeführt und diese nicht an die jeweilige Entwickler-Community zurückgegeben, kann dies zu Problemen bei Updates kommen: die Änderungen und Erweiterungen müssen mit hohem Aufwand in die aktualisierte Version der Software eingepflegt werden. In einer solchen Konstellation werden oft sicherheitsrelevante Aktualisierungen ausgelassen, da der Integrationsaufwand zu groß ist. Daher hat es sich als sinnvoll erwiesen, solche Änderungen in das jeweilige Softwareprojekt zurück fließen zu lassen. So profitieren alle von den Ergänzungen, diese können von der Community weiter gepflegt werden und sie sind bei Aktualisierungen bereits enthalten.
  6. Bei der Vorbereitung von Vergaben ist bereits eine Gesamtbetrachtung durchzuführen, um sicherzustellen, dass das Neutralitätsgebot gewahrt wird und dass keine unangemessene Bevorzugung von Freier oder aber proprietärer Software erfolgt. Die Enquete-Kommission weist jedoch darauf hin, dass es sachliche Gründe, insbesondere aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtung (total cost of ownership) geben kann, die den Einsatz von Freier Software in der öffentlichen Verwaltung vorzugswürdig erscheinen lassen.

Die Enquête-Kommission empfiehlt den Behörden des Bundes, der Länder und Gemeinden, 

  1. Eigenentwicklungen möglichst unter freien Lizenzen offen zu legen. So können andere Behörden zur Software beitragen und gemeinsam sowie kostensparsam wichtige Projekte vorangetrieben werden.
  2. Bei der Auftragsvergabe vermehrt eine Lizensierung unter einer freien Lizenz zu fördern. Die im Auftrag entwickelte Software kann vom Auftraggeber dann beliebig weiter genutzt und weitergegeben werden.
  3. Anwendungen für Endnutzer soweit möglich unter einer freien Lizenz im Quelltext zu veröffentlichen, um so beispielsweise Ergänzungen, Übersetzungen und die Integration in andere Software zu ermöglichen.

Vor dem Hintergrund der in Kapitel 3.2.2.2 aufgeführten Restriktionen sowie der in Kapitel 5 des Migrationsleitfadens 4.0 beschriebenen Einschränkungen hinsichtlich der Lizensierung und Weitergabe bittet die Enquête-Kommission die Bundesregierung und den Bundestag

  1. zu prüfen, inwiefern Änderungen in der Bundeshaushaltsordnung eine Weiterentwicklung von in der öffentlichen Verwaltung zum Einsatz kommender Freier Software durch Dritte erleichtern könnten. Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob in dem vorgenannten Fall die Voraussetzungen für eine Zulassung von Ausnahmen im Sinne des § 63 Abs. 3 BHO vorliegen.
  2. zu prüfen, welche gesetzlichen Maßnahmen beispielsweise im Haushaltsrecht, Wettbewerbsrecht und kommunalem Wirtschaftsrecht nötig sind, damit von oder im Auftrag der öffentlichen Verwaltung entwickelte Software unter freien Lizenzen weitergegeben werden kann. Dies kann beispielsweise analog zur „Linux-Klausel“ im Urheberrecht (§ 32 Abs. 3 Satz 3 UrhG) geschehen.

2.2 Secure Boot und Gerätehoheit

Die Etablierung von Secure-Boot bringt für den Einsatz alternativer Betriebssysteme eine Reihe von Herausforderungen mit sich, auch um eine weitgehende Hoheit der Nutzer über die Hardware zu erhalten. 
Die Enquête-Kommission

  1. begrüßt das Eckpunktepapier der Bundesregierung zu Trusted Computing und Secure Boot. Sie regt an, die im Eckpunktepapier aufgestellten Forderungen nicht nur gegenüber der Bundesverwaltung, sondern auch gegenüber der öffentlichen Verwaltung in den Ländern zu kommunizieren. 
  2. spricht sich des weiteren  dafür aus, dass, um wie vom Eckpunktepapier gefordert, „eine bewusste und informierte Einwilligung des Geräteeigentümers“ zur Delegierung dieser Rechte sicherzustellen, Verbraucher vor dem Erwerb eines Gerätes klar und deutlich auf die in diesem Gerät implementierten technischen Maßnahmen, sowie über die genauen Nutzungsschranken und die Konsequenzen für den Eigentümer hingewiesen werden sollen. 
  3. legt der Bundesregierung nahe, dass beim Kauf [besser: bei der Anschaffung] von Hardware keine Geräte beschaft werden, welche die Forderungen des Eckpunktepapiers nicht einhalten. 
  4. empfiehlt privaten Verbrauchern und Unternehmen ausschließlich IT-Geräte zu erwerben, die dem Eigentümer permanent die volle und alleinige Verfügungsgewalt über das Sicherheits-Subsystem (z.B. signaturbasierte Nutzungsschranken) gewähren. Die Enquete-Kommission erkennt den Mehrwert, die Fähigkeit beizubehalten, beliebige Software zu installieren und letztendlich die exklusive Kontrolle über die eigenen Daten sicher zu stellen. 
  5. fordert Hersteller einer Hardware- oder Software-Komponente eines IT-Geräts (z. B. Firmware, Betriebssystem, Anwendungsprogamm) dazu auf, sich selbst dazu zu verpflichten eine evtl. eingeschränkte Gerätehoheit seines Eigentümers nicht dazu zu missbrauchen, Nutzer des Gerätes ohne deren explizite Einwilligung zu kontrollieren oder gar zu überwachen. Die informationelle Selbstbestimmung der Geräte-Nutzenden setzt voraus, dass sie selbst eine informierte Entscheidung („Informed Consent“) treffen können, welche Daten während ihrer Nutzung aufgezeichnet werden und was mit diesen Daten geschieht. Dies betrifft alle auf diesem Gerät aufgezeichneten Daten, also sowohl solche, die bewußt von den Nutzenden erzeugt werden (Dateien, etc.), als auch solche, die unbewußt erzeugt werden (Tastaturanschläge, Aufzeichnungen durch ggf. heimlich aktivierte WebCam, Mikrofon, GPS-Trackingdaten usw.).

In Zukunft wird mehr und mehr Software über die zentralen App-Stores der Hardware- oder Betriebssystem-Hersteller vertrieben, bei einiger Hardware ist es gar nicht möglich, andere Software zu installieren. Die Lizenzbedingungen dieser App-Stores sehen teilweise Einschränkungen vor, die nicht mit der GPL kompatibel sind [vgl.http://www.fsf.org/news/blogs/licensing/more-about-the-app-store-gpl-enforcement], so dass GPL-lizensierte Software nicht ohne weiteres über solche App-Stores vertrieben werden kann. Das verhalten einiger Anbieter von App-Stores, nur inhaltlich geprüfte Software zuzulassen, ist zudem nicht mit den Gedanken Freier Software vereinbar. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Bundestag daher

  1. zu prüfen, ob marktbeherrschende Betreiber von App-Stores ihre Position ausnutzen, um bestimmte Software zu Diskriminieren sowie zu prüfen, ob regulatorische Maßnahmen notwendig sind.

Aus Sicht der Enquete-Kommission hat jeder Besitzer universeller Computer das Recht, eigene Software zu entwickeln, zu installieren und zu Nutzen. Einige Hersteller versuchen dieses durch technische Schutzmaßnahmen zu umgehen. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Bundestag

  1. die Ausübung dieses Rechts nicht durch gesetzliche Regelungen zu unterbinden, auch wenn diese ursprünglich einen anderen Zweck haben,
  2. zu prüfen, ob einzelne restriktive Hersteller eine so marktbeherrschende Stellung haben, dass ein regulatorisches Eingreifen notwendig wird.

Weiterhin empfiehlt die Enquete-Kommission dem Bundestag, 

  1. eine gesetzliche Regelung zu schaffen, die sicherstellt, dass Kunden vor dem Kauf eines Geräts klar feststellen können, welchen Einschränkungen diese unterliegen, beispielsweise ob es möglich ist, alternative Betriebssysteme zu installieren oder welche Einschränkungen bei der Softwareauswahl bestehen.

2.3 Bildung und Forschung

Die Enquete-Kommission spricht sich dafür aus, dass 

  1. der Zugang zur Softwareentwicklung insbesondere für Kinder und Jugendliche stärker geöffnet werden sollte. Sie regt gegenüber den Ländern an, Freiräume für das Programmieren von Software, beispielsweise durch die Förderung entsprechender schulischer Arbeitsgemeinschaften zu schaffen. Diese könnten dabei helfen, schon früh bestehende Berührungsängste abzubauen.
  2. Frei verfügbarer Quellcode sowie das Recht zur beliebigen Nutzung, Weitergabe und Modifikation bedeutet einen niederschwelligen Zugang zur Softwareentwicklung. Dies ermöglicht es bereits Anfängern, sich in Programme einzubringen. Kinder und Jugendliche sollten in der Schule aktiv in der Anwendung und Veränderung Freier Software, beispielsweise in Form von AGs, gefördert werden. Freie Software wird von Entwicklern in unterschiedlichen Kontexten oft grenzübergreifend gemeinsam entwickelt. Schülerinnen und Schüler sollen dazu ermutigt werden, sich schon früh an dieser Entwicklung zu beteiligen. Damit werden sie zu interdisziplinärer, vernetzter und globaler Zusammenarbeit befähigt. 
  3. Software, die mit öffentlichen Geldern finanziert wurde, beispielsweise Zuschüssen aus dem Bereich Bildung und Forschung, sollte bevorzugt und soweit möglich unter freien Lizenzen veröffentlicht werden.

Die Enquete-Kommission bittet die Kultusministerien der Länder 

  1. zukünftig vor der Anschaffung von neuen Lernmitteln zu prüfen, ob diese auch plattformunabhängig eingesetzt werden können. Dies könnte nicht nur mögliche Abhängigkeiten vermeiden, sondern auch zu einer größeren Verbreitung der eingesetzten Software über den schulischen Bereich hinaus führen.
  2. insbesonders für vorgegebene Dateiformate bei Hausaufgaben, Haus- oder Seminararbeiten, Übungen usw. die Abgabe in einem offenen Standardformat zu gewährleisten, um Nutzer Freier Software nicht zu diskriminieren.

Schulische Ausbildung soll Grundlagenwissen vermitteln. Übertragen auf den Bereich Anwendungssoftware bedeutet dies, dass Schülerinnen und Schüler befähigt werden sollen, bestimmte Arten von Anwendungen (beispielsweise Textverarbeitungen) und nicht ein bestimmtes Produkt lernen sollen. Die Enquête-Kommission empfiehlt daher

  1. Schülerinnen und Schüler Grundlagenwissen und Basistechniken zu vermitteln, anstatt diese die Anordnung von Bedienelementen eines bestimmten Produktes auswendig lernen zu lassen. Ein einseitiges Training in einzelnen Softwareprodukten greift zu kurz und limitiert spätere Chancen und Möglichkeiten.

Usability/Benutzerfreundlichkeit

Der Einsatz Freier Software ist auf Servern weit verbreitet. Auf typischen Arbeitsplatz-Systemen hat sie einen weitaus geringeren Marktanteil. Dies hat in Teilen auch mit mangelnder Benutzerfreundlichkeit zu tun. Benutzerfreundlichkeit von Software (Usability) ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Software, wird jedoch häufig erst spät eingesetzt, statt den gesamten Entwicklungsprozeß von der Konzeptionsphase bis zum fertigen Produkt zu begleiten. Sie führt letztlich zur erforderlichen Akzeptanz bei den Anwendern. Die Enquete-Kommission empfiehlt daher

  1. so früh wie möglich bei der Entwicklung von Software Usability zu berücksichtigen.
  2. in der Ausbildung und im Studium sollte Usability eine stärkere Berücksichtigung finden.


Um die Benutzerfreundlichkeit von Freier Software zu verbessern und so sowohl die Akzeptanz bei den Nutzern als auch die Effizienz zu steigern, regt die Enquete-Kommission des weitern an,

  1. Fördermittel bereit zu stellen um Usability-Analysen und die Verbesserung der benutzerfreundlichkeit bei ausgewählten Projekten zu finanzieren. 
  2. beim Einsatz Freier Software durch öffentliche Stellen zu prüfen, inwieweit Teile eingesparter Lizenzkosten in die Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit der verwendeten Software investiert werden können.

2.4 Weiteres/Sonstiges

Die Enquete-Kommission erkennt an, dass die Entwicklung Freier Software dem Gemeinwohl dient: Jeder Mensch kann aus dem veröffentlichten Quellcode lernen, die Technologie besser verstehen, eigenen Bedürfnissen anpassen und beliebig einsetzen. Die Internet Enquete legt es Finanzämtern daher nahe, 

  1. Vereinen die Gemeinnützigkeit zu erteilen, die sich der Förderung und Entwicklung Freier Software widmen.

Der Einsatz von Freier Software kann die deutsche und europäische Softwareindustrie stärken. Zur Stärkung Freier Software empfiehlt die Enquête-Kommission der Bundesregierung

  1. die Erstellung einer ressortübergreifenden Strategie für den Einsatz und die Förderung Freier Software.

Zum Schutz von Verbrauchern, Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung bittet die Enquete-Kommission die Bundesregierung um eine 

  1. Prüfung, welche Maßnahmen nötig sind, um den Mißbrauch mit dem Begriff Freie Software / Open Source zu verhindern. Verbraucher, Unternehmen und die öffentliche Verwaltung sollen vor Unternehmen geschützt werden, die proprietäre Software unter dem Label „Freie Software“ oder „Open Source“ vermarkten. 

Eine besondere Herausforderung für Entwickler Freier Software ist die Bedrohung durch Software-Patente. Diese sind oftmals so allgemein formuliert, dass für ein gegebenes Problem eine naheliegende Lösung existiert, die bei strenger Auslegung Software-Patente verletzt. Dadurch entsteht die Situation, dass Software-Entwickler ihre eigene Leistung nicht nutzen können, da andere die gleiche Idee vorher patentiert haben. Die Enquête-Kommission empfiehlt dem Bundestag daher

  1. die Situation aufmerksam zu beobachten und zu prüfen, ob gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, um die Entwicklung Freier Software nicht zu behindern. 

Des weiteren verweisen wir auf die Handlungsempfehlungen bzgl. Software-Patente in der Projektgruppe Wirtschaft, Arbeit, Green-IT, Kapitel 4.1.12.

Die Entwicklung des Marktes von IP-TV Entwicklungen schreitet voran. Ähnlich dem Videotext können dabei zusätzliche Informationen des Programmanbieters angezeigt werden, die über das Fernsehsignal oder über eine Internetverbindung bezogen werden können. Hierbei ist es wichtig, dass Fernseher mit einem neutralen, neutralen Zugang ausgestattet sind, der auf einem offenen Standard wie HbbTV basiert, sodass der Zuschauer alle bestehenden Angebote nutzen kann und nicht nur solche, die über proprietäre Apps zugänglich sind. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Deutschen Bundestag 

  1. zunächst die Schaffung von allgemeinen Standards durch Marktteilnehmer (Anbieter, Nutzer und Netzwerkbetreiber) abzuwarten. Erst bei einem Fehlgehen dieser Bemühungen kommt eine freiwillige Vereinbarung der Marktteilnehmer unter Beteiligung der Netzagentur in Betracht. Nur als letzten Schrittsollte ein regulierendes Einschreiten durch den Gesetzgeber erfolgen. 
  2. Die Enquete-Kommission bittet die Bundesregierung zu prüfen, welche positiven und welche negativen Auswirkungen der Wegfall der Vergütungspflicht in § 49 Abs. 2 TKG  (Telekommunikationsgesetz, § 49 Interoperabilität der Übertragung digitaler Fernsehsignale, Abs. 2. Rechteinhaber von Anwendungs-Programmierschnittstellen sind verpflichtet, Herstellern digitaler Fernsehempfangsgeräte sowie Dritten, die ein berechtigtes Interesse geltend machen, auf angemessene, chancengleiche und nichtdiskriminierende Weise und gegen angemessene Vergütung alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ermöglichen, sämtliche durch die Anwendungs-Programmierschnittstellen unterstützten Dienste voll funktionsfähig anzubieten. Es gelten die Kriterien der §§ 28 und 42.) zur Folge haben könnte.

Weil die Zeit knapp war, sind einige Formulierungen leider nicht optimal. Gedacht war, dass jedes Mitglied der Enquête jede einzelne Empfehlung zustimmen oder ablehnen kann, da sie nicht aus einem großen Brocken Fließtext bestehen. Montag werden wir sehen wie es ausgeht.

 

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