Kampf um die Deutungshoheit zu Internet-Sperren in der SPD

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In der SPD scheint gerade intern der Kampf um die Deutungshoheit zum Thema Internet-Sperren / Netzsperren zu laufen.

Während die Progressiven Kräfte seit einiger Zeit einen kompletten Neuanfang und das Eingeständnis von Fehlern verlangen, wollen zwar die anderen auch nichts mehr vom Sperrgesetz wissen. Aber ein grundsätzlicher Kurswechsel ist leider nicht auszumachen.

So hat Martin Dörmann, der SPD-Verhandlungsführer zum Zugangserschwerungsgesetz, eine Mail an alle SPD-Bundestagsabgeordneten geschickt, in der er nochmals den Kurswechsel erläutert und sagt: eigentlich hat sich unsere Meinung gar nicht geändert. Damit konterkariert er alle innerparteilichen Bemühungen zu einer Kurskorrektur.

Diese Mail wurde mir zugespielt – Hier der Text und das beiliegende Word-Dokument als PDF. Der Autor des Dokuments trägt übrigens den Name doermanmama11 …


Von: Martin Dörmann MdB Büro Berlin [mailto:...@bundestag.de]

Gesendet: Donnerstag, 17. Dezember 2009 17:14

An: ...@bundestag.de; ...@bundestag.de; ...@spdfraktion.de

Betreff: Fragen und Antworten zu Internetsperren An die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion 

 

Liebe Genossinnen und Genossen,

in der letzten Fraktionssitzung haben wir unsere veränderte Position im Hinblick auf das Zugangserschwerungsgesetz (Internetsperren) behandelt.

Hierzu übersende ich Euch Fragen und Antworten aus meiner Sicht

Mir ist es dabei ein persönliches Anliegen, deutlich zu machen, dass wir deshalb eine Kurskorrektur vornehmen, weil sich die Rahmenbedingungen verändert haben.

Wer noch einmal unsere Argumente zum damaligen Gesetzesbeschluss nachlesen will, sei auf den seinerzeitigen Musterbrief verwiesen (vgl. meine damalige eMail vom 19. Juni 2009).

Den anliegenden Text könnt Ihr auch für die Beantwortung von Bürgeranfragen nutzen. 

Bei dieser Gelegenheit wünsche ich Euch einen erfolgreichen Ausklang dieser Sitzungswoche und natürlich ganz unpolitisch: besinnliche Festtage!

 

Herzliche Grüße
Martin Dörmann, MdB

 

--

Martin Dörmann MdB
Deutscher Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin

Tel. 030 / 227 73418
Fax 030 / 227 76348
eMail: ...@bundestag.de

homepage: www.martin-doermann.de

 

Mir scheint: so mancher bisheriger Sperr-Befürworter hat zwar zwischenzeitlich erkannt, dass dass die Zustimmung der SPD zu von der Leyens Wahlkampfshow ihnen einige Wähler und viel Sympathie gekostet hat; aber das inhaltliche Problem wurde nur ansatzweise verstanden. Denn: Wir sind nicht gegen Internet-Sperren, weil wir dagegen sind. Wir sind dagegen, weil es viele gute Gründe gibt.

Ich befürchte: Dörmann nimmt der SPD die Chance, aus den Fehlern zu lernen. Denn die Rahmenbedingungen haben sich nicht wirklich geändert, schon im Juni lagen alle Informationen auf dem Tisch. Hoffen wir, dass sich die progressiven Kräfte durchsetzen!

 

Aber das überlassen wir einer genaueren Analyse von Dörmanns Fragen&Antworten …

 

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Illusion des Wandels von commonnonsense.twoday.net zu 16.01.10 17:13

Zu den Bemühungen der SPD netzpolitische Kompetenz zu gewinnen Vor gerade einmal 3 Tagen wurden hier die Bemühungen der CDU kommentiert, sich selbst Internetkompetenz anzueignen. Heute meldet nun Spiegel Online, dass die SPD "künftig s... Mehr

11 Kommentare

Das ist sein Interview mit Vorwaerts.de vor drei Tagen. Steht seitdem auf vorwaerts.de öffentlich sichtbar.

Ich schreibe gerne nochmal, was ich bei Nico Lumma geschrieben habe:

Imo ist Dörmann nach seinen intriganten Spielchen im Sommertheater für weite Teile der netzpolitisch interessierten/engagierten Zivilgesellschaft* final verbrannt.

Ich weiß nicht, wie ernst Scholz und Co. die 180°-Wende bei den Netzsperren ist (Das solltet ihr vielleicht im VOV klären). Was ich weiß: Es dürfte für die SPD schwer genug werden, im Netz überhaupt wieder als glaubwürdiger Gesprächspartner akzeptiert zu werden. Nun hilft nur noch ein Neuanfang und nachhaltige/glaubwürdige Politik.

Wenn sich nun ausgerechnet Dörmann meldet, ist das für mich kein ermutigendes Zeichen. Aber gut, jeder wie er kann.

*Ob die “netzpolitisch interessierten/engagierten Zivilgesellschaft” politisch relevant ist? Nun, schau dir das Potential der Piraten an. Viel interessanter: Die alte Taktik, die Meinungsführer der Kritiker zu umgarnen, funktioniert nicht mehr. Ich frage mich, ob Dörmann inzwischen wenigstens das verstanden hat.

Seit dem 16.. also vorgestern, ja; inhaltlich ist das vergleichbar. Aber das hier ist ein Brief an die Fraktionskollegen, um damit direkt die Fraktions-Meinung zu prägen.

Er hat vollkommen Recht damit dass sich die Rahmenbedingungen geändert haben... Also für die SPD.

Jetzt ist man wieder in der Opposition. Das ist der Ort, an dem man Stimmen kriegt indem man bestmöglich versucht dem Volk nachzuplappern.

Nach 11 Jahren ist Herr Dörrmann leider ausser Form. Aber das ist kein Problem, er übt ja schon fleissig, irgendwann wird auch das wieder funktionieren...

NOT!

Soviel zu geänderten Rahmenbedingungen :)

Ich muß da widersprechen. Ich hatte bereits vor der Bundestagswahl auf Lale Akgüns Geburtstagsfeier Gelegenheit Martin Dörmann auf die Angelegenheit anzusprechen. Bereits damals erläuterte er mir seine Sicht der Dinge, nämlich daß man damit die ja bereits zustande gekommenden Verträge regulieren wolle. Auf meine Entgegnung, daß diese aber ja wohl nicht gültig sein könnten, kams: "Daß man leider a) nicht vorhersehen könne, wie die Rechtssprechung da tatsächlich urteilt und b) daß das normalerweise unglaublich lange Zeit in Anspruch nehmen würde, bis die Verträge als von den Gerichten als unzulässig bestätigt würden.

Auch wenn ich es falsch finde, wie die SPD mit Unterhändler Dörmann agierte, so sehe ich durchaus, wie auch Martin Dörmann sagt, daß sich die Position eigentlich nicht geändert hat.

Auch muß ich ihm damit Recht geben, daß sich die Rahmenbedingungen geändert haben, die u.a. darin bestehen, daß das Hessische Verwaltungsgericht zwischenzeitlich sich mit dem Fall befaßte und, daß es auf Grund der Koalitionsverhandlungen eine Einigung in soweit gab, daß man beschloß, das Gesetz derzeit nicht anzuwenden. Ohne diese Koalitionsverhandlungen aber wäre das gerichtliche Verfahren sicherlich weiter gegangen.

@kluetz: Stimmt! Dörmann hat diesen und anderen Unsinn tatsächlich schon immer Jedem erzählt...

Und, einem juristischen Laien könnte man es sogar auch noch durchgehen lassen, wenn er nicht weiss, dass der Staat nicht damit durchkommen kann, auf die Einhaltung von Verträgen zu pochen, die (grund-)gesetzwidrig sind. Nur: Auf dem Papier zumindest ist Dörmann Jurist. Daher kann man ihm die Argumentation nicht glauben. Denn: Wenn man sich so ein Examen nicht irgendwo gekauft hat, dann weiss man ab dem 3. Semester, daß sich der Staat "nicht ins Privatrecht flüchten" kann, wenn es um Grundrechtseingriffe geht. Sprich, die Verträge wären ohne Gesetz ins Leere gelaufen und die Unternehmen (bis auf Vodafone) hätten sie nicht umgesetzt.

Die Unternehmen jedenfalls wußten das. Deshalb hatten sie auch das #Zensursula-Gesetz zur Bedingung gemacht für den Abschluss der Verträge, in die vdL sie (mit Ausnahme Vodafone) genötigt hatte. Sprich: Kein Gesetz, keine Verträge. Erst mit dem Kabinettsbeschluss wurde daher auch unterzeichnet.

Entweder Dörmann ist auch als Anwalt total inkompetent oder er wirft einfach weiter die alten Nebelkerzen und versucht dahinter zu verschwinden, damit man nicht so deutlich sieht, wie unglaubwürdig er ist und wie viele Menschen er in den angeblichen "Gesprächen mit den Netzaktivisten" ver... hat. Vielleicht auch beides...?!

Die Wahrheit ist viel simpler: Dörmann wollte schlicht das Gesetz und alle anderen Äußerungen davor und danach dienten der Ablenkung, weil er selbst keine Überzeugung besitzt und sich daher auch nicht festlegen will!

Durchgesetzt hat er in den Verhandlungen in Wirklichkeit übrigens gar nix, selbst wenn er das vielleicht tatsächlich glaubt:

Siehe http://www.heise.de/ct/meldung/Gesetz-zu-Web-Sperren-in-trockenen-Tuechern-181908.html

"Wirtschaftspolitiker der großen Koalition haben sich am heutigen Montagabend auf eine gemeinsame Linie beim Gesetzentwurf "zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen" geeinigt. "Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis", erklärte Martina Krogmann, parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Fraktion, gegenüber heise online."
[...]
"Drei der vier von der SPD verlangten Punkte waren laut Krogmann aber bereits im Einklang mit der Union vorab in den gemeinsamen Änderungsplänen der Berichterstatter umgesetzt worden." [...]

Dieser Dörmann ist eine Schande und ein Totengräber für die SPD. Wenn Dörmann seine tölpeligen Mitabgeordneten nicht bequatscht hätte, für das Gesetz zu stimmen, hätte man UvdL wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung strafrechtlich belangen können. Sie hat sich mit Privaten zusammengerottet, um gegen da Grundgesetz zu verstoßen und den Fernmeldeverkehr zu stören.

Dörmann hat geholfen, dass der Eiertanz jetzt im juristischen Nirwana eiert: der Bundespräsident unterschreibt das verfassungswidriger Gesetz nicht (in erster Lesung wurde ein anderes Gesetz als in zweiter und dritter beraten) und die Regierung erdreistet sich, im Koalitionsvertrag zu beschliessen, dass es bestimmte Gesetze nicht anwenden wolle (wenn sie denn dann vom BP unterschrieben würden). Solche eine Dreistigkeit und Respektlosigkeit der Regierung hat es noch nicht gegeben.

Und Dörmann labert nur Grütze, die der SPD nur schadet. In Internetfragen ist die zu einem Sicherheitsrisiko verkommen. Das einzig gute an der Wahl ist, dass Zypries endlich weg vom Fenster ist und nicht mehr Lobbyismus für den Contentindustriellen Komplex auf Staatskosten betreiben kann. Vielleicht hat sich jetzt Zeit, Dörmann Grundkenntnisse unserer Rechtsordnung zu verschaffen. Nötig wäre es, damit er seine Kollegen nicht noch weiter rein reitet und unwählbar macht.

insider, ich bin ebenfalls der Ansicht, daß die Verträge letztlich gekippt worden wären von den Gerichten. Nur wie lange hätte das gedauert? Und darauf machte Martin Dörmann, der wie ich sehr wohl weiß und auch wußte, Jurist ist.

Ich sprach Herrn Dörmann im übrigen auch darauf an, daß selbst die Provider während der Pressekonferenz zu den Verträgen teilweise auf eine zusätzliche gesetzliche Regelung bestanden. Erst dann meinte er abschließend, daß man vielleicht etwas zu spät mit dem Thema befaßt war.

Eine Frau Krugmann gegen Herrn Dörmann zu zitieren halte ich übrigens für eine Eselei. Frau Krugmann war doch die Dame, die während der Anhörung immer wieder Fragen stellte, die ganze Kritik der Experten nicht ansatzweise zur Kenntnis nahm, am Ende noch mal fragte, ob man denn sagen könne, daß die Sperren wenigstens einen Beitrag in Sachen Kinderpornographiebekämpfung leisten könne und als dann 1 oder 2 meinten, daß man das eventuell so sehen könne, die gesamte Anhörung gegenüber der Presse derartig falsch wiedergab, daß man meinen könnte, daß sie in einer völlig anderen Veranstaltung gesessen habe.

Ich halte es übrigens auch nicht für legitim aus heutiger Sicht, nachdem sich das hessische Verwaltungsgericht zumindest in der Angelegenheit geäußert hat, so zu tun, als sei das alles sicher voraussehbar gewesen. Ich erinnere mich sehr gut, nirgendwo in den Diskussionen etwas über die Gültigkeit der Verträge gelesen zu haben. Da hab immer nur ich drauf hingewiesen, ja selbst Herrn Tauss darauf aufmerksam gemacht.

Die Rahmenbedingungen haben sich tatsächlich geändert. Die SPD mußte ins Büßerhemd, während die eigentlich Verantwortlichen nicht nur weiterhin in der Regierung sind, sondern dort auch mit Ministerpöstchen ausgestattet sind.

Wir haben ausgelöst durch die Petition von Franziska Heine ungeheure Achtungserfolge erzielt und damit die Anwendung des Gesetzes, so es denn jemals in Kraft treten sollte, verhindert und imho auch erreicht, daß man in ähnlichen Fragen künftig sicher sich eher ernsthafter mit den Meinungen und Protesten aus der Internetszene auseinandersetzen wird. In der SPD hingegen gibt es ganz andere, die weiterhin Unfug in dieser und auch anderen Angelegenheiten verbreiten. In dieser Angelegenheit halte ich die Ausführungen von Herrn Dörmann an seine Fraktionskollegen für hilfreich, auch wenn ich denke, daß es gegenüber denen, die sich nach wie vor nicht selbst sehr intensiv mit dem Thema beschäftigten tatsächlich noch immer schwer vermittelbar ist. Erfahrungen, die ich auch mit ansonsten sehr klugen Leuten machte.

Ansonsten diskutiere ich nicht weiter mit solchen, die da Frau Krogmann anführen. Ausgerechnet.

Der Dörmann steht vor einem Scherbenhaufen und vdL konnte sich schnell in ein anderes Amt verziehen ...

Ich hatte schon einige Zeit das Gefühl, dass man wirklich nicht wirklich mit mangelnder "Medienkompetenz" argumentieren kann. So gut wie vdL und ihre Freude hat wohl noch kaum ein Politiker mit dem Netz gespielt.

Netguerrilia, ick hör dir tappsen...

@Insider: Danke, wieder etwas mehr Licht im grell beleuchteten Hafen :D

Auf Netzpolitik gabs noch den Link hier:
http://www.youtube.com/watch?v=BmMfHpiX0Zo

@SPD-Guerrillia: bitte nicht löschen :)

Vielleicht findet auch "kluelz" den Weg, also falls er überhaupt möchte.

Naja, es bleibt alles beim alten. Aus Dörrmannscher-SPD Sicht gibts nur 3 mögliche Schuldige.

Uns, die sie, die edlen Ritter und Burgdamen der SPD, gegenwärtig nicht richtig verstehen und in der Vergangenheit natürlich erst recht nicht verstanden haben.

Die CDU und BILD Zeitung die einen populistischen Küngel gebildet haben und die SPD garkeine Wahl gelassen haben. Quasi mit Pistole im Parlament.

Oder: Gott (+alternativen)

Oups, das Dörmanninterview auf Youtube von Ende Mai und das ich bisher nicht kannte, hört sich in der Tat etwas anders an als die Ausführungen, die ich am 16. September mündlich von ihm erhielt.

(kluelz ist mit Sicherheit kein Er.)

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