Ist "Zensur" der richtige Begriff?

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Alexander Svensson äußert sich in seinem Blog Wortfeld kritisch über einige Formen des Protestes gegen die von Familienministerin Ursula von der Leyen auf den Weg gebrachten Pläne zur inhaltlichen Kontrolle des World Wide Web. Dem Gegner einen albernen Namen zu verpassen hält er für nicht angebracht:

Noch schlechter ist allerdings Zensursula. Es klingt nicht nur ausgesprochen dämlich, sondern enthält auch das überstrapazierte Wort »Zensur«. Wenn mal ein Kommentar nicht freigeschaltet wird, wenn der eigene Leserbrief nicht gedruckt wird, wenn ein Provider einem Kunden kündigt und die Domain im Transit-Status landet — sofort wird »Zensur!« geschrien. Selbst wenn es diesmal zur Abwechslung sogar korrekt wäre: Wäre ich Ursula von der Leyen, würde ich mich über die Steilvorlage freuen — jemand hat also etwas dagegen, dass Bilder von Kindesmissbrauch zensiert werden? Wer wäre da nicht auf der Seite der Zensoren?

Ich kann nachvollziehen, dass in den Augen einiger "Zensur" inflationären Gebrauch erfährt. Aus verschiedenen Gründen ist das meiner Meinung nach jedoch nicht schlecht:

Zum einen zeigt das eine Auseinandersetzung der Netzöffentlichkeit mit dem Thema Meinungs- und Rezipientenfreiheit. Die Ansprüche sind seit 1950 sozusagen gestiegen, für viele Menschen können es nicht einsehen, warum sie sich nicht ausdrücken dürfen oder ihnen der Zugriff zu etwas verweigert werden soll, das sowieso existiert und ohne Mühe tausendfach kopiert werden kann. Der Begriff "Zensur" wird anders verstanden, er wird als Metapher eingesetzt. Das ist in Ordnung, auch wenn Personen, die beispielsweise in der ehemaligen DDR klassische staatliche Zensur erfahren haben, das etwas geschmacklos finden mögen. (Doch müssten nicht gerade die einer taktischen Herangehensweise offen gegenüberstehen? Kann ich natürlich nicht wirklich einschätzen.) Kurz gesagt, von Zensur zu sprechen halte ich in der Öffentlichkeitsarbeit nicht für falsch, andererseits ist es grundfalsch, wie Von der Leyen Kindesmissbrauch für die eigene politische Karriere ausschlachtet.

Zum anderen sind Persistenz und Humor die mächtigsten Werkzeuge des Webs. "The harder you try the harder you will fail." Ich bin mir ehrlich gesagt schon sicher, dass diese Gesetze und Verträge keine Chance haben. Was natürlich zu einem großen Teil seriöser politischer Arbeit gedankt sein wird. Aber deswegen ist es nicht verboten, den Gegner auch lächerlich machen, denn nichts anderes tun Namen wie "Zensursula" oder "von Laien regiert". Anders kann man den Schwachsinn, der da abgesondert wird, ohnehin kaum ertragen. Außerdem kommt so die Botschaft bei bestimmten Leuten eben doch an, die sich sonst nicht vorstellen könnten, was die Pläne der Familienministerin bedeuten. Man kann das natürlich alles wissen, aber man muss es auch verstehen.

Sowieso spricht das Netz nicht mit einer Stimme. Je mehr gleichzeitig auf verschiedene Arten auf ein Ziel hin arbeiten, desto besser. "Zensursula" und korrekte Recherche, Aufklärungsarbeit und Argumentation existieren nebeneinander und ergänzen sich, zum Beispiel bei der Demonstration: da sind Slogans gefragt. Niemand, der Zensursula doof findet, muss sich dadurch peinlich berührt fühlen, sondern kann den eigenen Weg weiter verfolgen. Das ist ein Vorteil. Von der Leyens Parteikollegen hingegen werden mit ihr ein Problem bekommen, wenn die Sache vorbei ist. Denn im übertragenen Sinne betreibt sie reines Namecalling und tut sonst nichts.

Macht sie lächerlich, sie hat es verdient. Je lächerlicher sie in der Öffentlichkeit dasteht, desto schwieriger wird es sein, auf ihrer Seite zu stehen. Dann treffen die gut konstruierten Argumente um so wirkungsvoller.

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Über den verunglimpfenden Namen Zensursula kann man sich streiten. Darüber, welche Methoden in der Diskussion erlaubt sind und welche überhaupt noch wirken auch. Wie dem auch sei, wer gegen die meines Erachtens völlig rechtens als Internet-Zensur zu bezei Mehr

Percocet dependency. von Long term percocet withdrawal symptoms. zu 18.09.09 13:22

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3 Kommentare

Nochmal kurz.
wenn ein kommentar nicht freigeschaltet wird,ist es keine zensur,wenn jedoch man etwas erst zulässt und hinterher,löscht weil es einem nicht passt,ist das sehr wohl zensur.
Und gerade in Foren wird das öfters gemacht,wenn den Moderatoren die Meinung nicht passt.

Wollt cih eigentlcih auch bei http://www.wortfeld.de/2009/04/argerliches/ posten,aber die software hat offenbar eine eigene Definition des Buchstaben W.

Erst einmal @Stefan: Pardon fürs Kommentarverschlucken! Ich schaue mal, ob ich das abgestellt bekomme.

@Dragan: Nichts gegen Humor als Mittel, erst recht nichts gegen das ziemlich brilliante "Von Laien regiert"; "Zensursula" kann da nicht mithalten.

Es scheint mir doch, als gelänge es den zahllosen Kampagnen gegen die Oberflächlichkeit, dass so langsam jeder zweite Internetnutzer verstanden hätte, das diese Frau da treibt. Sicher, vor allem ältere fallen gern auf diese doch ach so energische und kinderreiche Familienministerin herrein und trauen ihr nicht zu, Freiheit und Menschenwürde mit Füßen zu treten. Dort ist noch eine Menge Aufklärungsarbeit zu leisten.

Eines ist klar: Es handelt sich um Zensur und um eine politisch motivierte solche.

Warum sollte irgend jemand das Kind nicht beim Namen nennen?

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Diese Seite enthält einen einen einzelnen Eintrag von Dragan Espenschied vom 28.04.09 15:28.

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